Verlangt ein ehemaliger Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber die Überlassung einer Kopie sämtlicher E-Mails, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis von ihm versandt und empfangen wurden oder in denen er namentlich genannt wurde, ist dieser Antrag zu allgemein und unbestimmt, um vor Gericht Erfolg zu haben.
Ausgangsfall
Ein Wirtschaftsjurist wurde während der Probezeit von seinem Arbeitgeber gekündigt. Er verlangte u. a. in einem späteren Rechtstreit vor dem Arbeitsgericht Hammeln die Überlassung einer Kopie sämtlicher E-Mails, die im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis von ihm versandt und empfangen wurden oder in denen er namentlich genannt wurde. Während das Arbeitsgericht den Antrag zurückwies, entsprach ihm das Landesarbeitsgericht Niedersachsen teilweise bezüglich der Überlassung einer Kopie seiner beim Arbeitgeber gespeicherten personenbezogenen Daten.
Zur Entscheidung
Den weitergehenden Antrag auf Zurverfügungstellung von Kopien des E-Mail-Verkehrs sah aber auch das Landesarbeitsgericht nicht. Dem folgte das Bundesarbeitsgericht1 und wies den in der Revision gestellten Antrag auf Überlassung von E-Mail-Korrespondenz als unzulässig zurück.
Die Bundesrichter hielten den Antrag für nicht hinreichend bestimmt genug und deshalb für unzulässig. Denn ein Vollstreckungsgericht hätte nicht erkennen können, welche E-Mails der beklagte Arbeitgeber dem klagenden Arbeitnehmer zu überlassen hätte. In Anbetracht dessen war nicht darüber zu entscheiden, ob materiell ein Arbeitnehmer nach Art. 15 Abs. 3 DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) einen Anspruch auf Vorlage des gesamten, ihm erkennbar zurechenbaren E-Mail-Verkehrs hat, den sein Arbeitgeber gespeichert hat.
Praxistipp
Mit dieser Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht die in der Praxis umstrittene Frage nach der Reichweite des Auskunftsanspruchs nach der DSGVO bezüglich des dienstlichen E-Mail-Verkehrs offengelassen und somit nicht die erhoffte Rechtssicherheit geschaffen. Insofern gibt es weiter zwei Lager: Eines – bestehend aus bestimmten Datenschutzaufsichtsbehörden und Gerichten – legt den Auskunftsanspruch sehr weit aus und billigt Kopien zu (z.B. LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. 10. 2018 – 1 Sa 11/ 18, Landesbeauftragter für den Datenschutz und Informationsfreiheit Baden- Württemberg), während das andere Lager den Auskunftsanspruch deutlich restriktiver versteht (z. B. LAG Köln vom 18. 03. 2019 – 26 O 25/18, Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit).
Solange die Rechtslage nicht höchstrichterlich geklärt ist, bestehen gute Argumente für eine Ablehnung des weitgehenden Auskunftsanspruchs. Es bleibt abzuwarten, ob klagende Arbeitnehmer einen anderen prozessualen Weg (Auskunftsklage) wählen, um den Anspruch auf Vorlage von allen E-Mail- Kopien durchzusetzen. Klar ist jedenfalls, dass ein allgemeiner und damit umfassender, aber auch unbestimmter Antrag, Kopien der während des Arbeitsverhältnisses entstandenen E-Mails vorzulegen, nicht ausreichend ist und im Klageweg nicht erfolgreich sein kann. Sollte ein entsprechendes Begehren eines Arbeitnehmers oder ehemaligen Arbeitnehmers geltend gemacht werden, empfiehlt sich in jedem Fall die Einholung von qualifiziertem Rechtsrat.
1 Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27. April 2021 –2 AZR 342/20
Besprochen in RdW 2021, Heft 16, Randnummer 316