Sicherheit

Flächen- und Waldbrände: Ursachen und notwendige Maßnahmen

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Während der Sommer 2021 im Zeichen einer schrecklichen Flut mit vielen Opfern in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz stand, war der diesjährige ein Sommer der Flächen- und Waldbrände. Mit rund 500 Waldbränden in Brandenburg bis September übertrifft allein dieses Bundesland den bisherigen bundesweiten Höchstwert von 491.

Deutschland erlebt eines der schlimmsten Waldbrandjahre der jüngeren Vergangenheit. Laut dem Deutschen Wetterdienst (DWD) handelt es sich um den viertheißesten Sommer seit Beginn der Wetteraufzeichnung, mit rund 40 Prozent weniger Niederschlag. Waren es in der Referenzperiode der Jahre 1961 bis 1990 noch 239 Liter pro Quadratmeter, kam es 2022 nur zu 149 Liter pro Quadratmeter.

Der Deutsche Feuerwehrverband e.V. und der Verband AGDW Die Waldeigentümer sprechen von einem Rekord-Waldbrandsommer: 4300 Hektar an Wald gingen in Deutschland in Flammen auf, dabei entstand ein Schaden von bis zu 40 Millionen Euro. Das stellt eine deutliche Zunahme dar: Im bisherigen Rekordjahr 2019 waren noch 2711 Hektar Wald betroffen, 1991 lag der jährliche Durchschnittswert von Schäden durch Waldbrände „nur“ bei 776 Hektar.

Schäden in Deutschland und Europa

Die AGDW Die Waldeigentümer sieht allein für 2022 einen Gesamtschaden von bis zu 600 Millionen Euro. Dazu zählen neben Schäden an der Natur auch Gesundheitsschäden durch entstandenen Feinstaub sowie wirtschaftliche Beeinträchtigungen, etwa für die Holzwirtschaft und den Tourismus.

Doch nicht nur Deutschland hatte 2022 besonders mit Flächen- und Waldbränden zu kämpfen. Das europäische Waldbrandinformationssystem registrierte einen Anstieg für den gesamten Kontinent und verzeichnete eine zerstörte Fläche vom doppelten Ausmaß der Insel Mallorca.

Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen sprach im Innenausschuss des Landtages von einem Ausnahmejahr, obwohl zahlreiche Studien in eine andere Richtung deuten. Die Vereinten Nationen (UN) kommen in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Waldbrände bis zum Jahr 2030 weltweit um 14 Prozent und bis zum Jahr 2050 sogar um 30 Prozent zunehmen werden. Sollte sich diese Studie bewahrheiten, wird sich auch Deutschland auf eine weitere Zunahme einstellen müssen. Was jetzt noch als Ausnahmejahr bezeichnet wird, kann zukünftig zu einer neuen Normalität werden.

Waldbrände in Deutschland – Statistische Übersicht:

– 2011: 888 Waldbrände bundesweit – 214 Hektar Schaden

– 2012: 701 Waldbrände bundesweit – 268 Hektar Schaden

– 2013: 515 Waldbrände bundesweit – 198 Hektar Schaden

– 2014: 429 Waldbrände bundesweit – 120 Hektar Schaden

– 2015: 1071 Waldbrände bundesweit – 525 Hektar Schaden

– 2016: 698 Waldbrände bundesweit – 283 Hektar Schaden

– 2017: 424 Waldbrände bundesweit – 394 Hektar Schaden

– 2018: 1708 Waldbrände bundesweit – 2348 Hektar Schaden

– 2019: 1523 Waldbrände bundesweit – 2711 Hektar Schaden

– 2020: 1360 Waldbrände bundesweit – 367 Hektar Schaden

– 2021: 548 Waldbrände bundesweit – 147 Hektar Schaden

Quelle: Bundesinformationszentrum Landwirtschaft (BZL)

Hitze ist keine Ursache für Flächen- und Waldbrände

Ein Faktor für die Zunahme von Flächen- und Waldbränden ist das Wetter, d.h. die extreme Hitze. Durch das damit einhergehende Austrocknen der Flächen wird eine schnelle Brandausbreitung begünstigt, dazu kommen Winde oder Totholz in den Wäldern. Doch das Wetter ist nicht die alleinige Ursache für die Flächen- und Waldbrände.

Hitze allein setzt eine Wiese oder einen Wald nicht in Brand, vielmehr spielt vor allem der Mensch eine wesentliche Rolle. Nach forstwissenschaftlichen Studien der TU Dresden werden rund 95 Prozent aller Waldbrände von Menschen verursacht. Für den Waldbrand im Nationalpark Sächsische Schweiz im Juli 2022 stehen mehrere junge Männer im Tatverdacht, die im Wald Shisha geraucht haben sollen. Die heiße Kohle wurde, so die polizeiliche Vermutung, unsachgemäß im Unterholz entsorgt. Tagelange Löscharbeiten waren erforderlich und rund 2500 Quadratmeter Wald wurden zerstört. Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt wegen des Verdachts der Brandstiftung.

Die Statistik des Nationalparks untermauert diese Vermutung. Im Jahr 2018 wurden dort über 300 kalte Brandstellen entdeckt. Insgesamt kam es nur in diesem Nationalpark zu 19 Waldbränden, 17 davon wurden von Touristen verursacht.

Brandmythen und andere Ursachen für Flächen- und Waldbrände

Natürlich gibt es auch noch andere Ursachen als den Menschen. Häufig werden im Zusammenhang mit Flächen- und Waldbränden auch Glasscherben genannt. Forschungsvorhaben haben jedoch gezeigt, dass eine Glasscherbe keinen Brand verursachen kann und diese Ursache zum Brandmythos erklärt.

Dagegen stellen der Einsatz von landwirtschaftlichen Maschinen, Schienenfahrzeuge, aber auch Blitzschlag weitere Brandursachen dar. Allerdings ist Letzteres selten: Nur für zwei Prozent der jährlichen Waldbrandereignisse in Deutschland ist ein Blitzschlag verantwortlich.

Notwendige Maßnahmen zum Waldbrandschutz

Gerade im Hinblick auf den Faktor Mensch greift die Diskussion um Löschflugzeuge und andere Maßnahmen zu kurz. Der erste Ansatz sollte die Aufklärung zu den Risiken sein. Ein reines Rauch- und Feuerverbot in Wäldern reicht offensichtlich nicht aus. Darüber hinaus muss ein Bewusstsein für die Gefahr von Flächen- und Waldbränden in der heißen Sommerzeit geschaffen werden, um wirtschaftlichen und gesundheitlichen Schäden vorzubeugen.

Natürlich greift eine reine Aufklärung auch zu kurz. Kommunen werden als Träger der eigenen Gemeindefeuerwehren Geld investieren müssen, angefangen bei der technischen Ausstattung zur Waldbrandbekämpfung über die Ausbildung bis hin zur passenden Feuerwehreinsatzkleidung. Das Löschen von Flächen- und Waldbränden mit schwerer Einsatzkleidung und sogar mit Atemschutz ist nicht fachgerecht, vielmehr stellt es für die Einsatzkräfte ein großes gesundheitliches Risiko dar.

Ohne Mittel des Landes werden viele Kommunen eine notwendige Ergänzung der Ausstattung jedoch nicht stemmen können. Auf Landesebene muss sich daher ein politisches Bewusstsein entwickeln, das über die Rede von „Ausnahmejahren“ hinausgeht.

Der nicht ausreichende oder teils vollständig fehlende Waldbrandschutz ist allerdings nicht nur ein deutsches Problem. Auch über Europa hinaus ist die Zunahme von Bränden Jahr für Jahr sichtbar. In diesem Kontext verwundern die Ergebnisse einer Erhebung der UN im Rahmen eines Umweltprogramms: Laut diesem fließen lediglich 0,2 Prozent an staatlichen Finanzmitteln in den Waldbrandschutz und die Bekämpfung.

Griechenland beispielsweise ist regelmäßig von schweren Waldbränden betroffen. Im Jahr 2021 wurden von der Regierung jedoch lediglich 3,4 Millionen Euro in den Waldbrandschutz und damit in die Vorbeugung und Bekämpfung investiert. Die 2021 verursachten Schäden durch Waldbrände waren mit rund 700 Millionen Euro um ein Vielfaches höher – Schäden für die Umwelt und die Gesundheit sind dabei noch nicht berücksichtigt.

Umbau der Wälder und Spannungsfeld Totholz

Über die finanziellen Mittel ist direkte Vorbeugung von Waldbränden notwendig. Das fängt beim Anlegen von Brandschneisen (Schutzstreifen) an und geht über die Sicherstellung einer Wasserversorgung bis hin zum Umgang mit dem Totholz. Doch gerade das Totholz befindet sich in einem Spannungsfeld. Auf der einen Seite dient es Tieren als Unterschlupf und ist wichtig für den Wald, auf der anderen Seite ist es brennbares Material, das einen Waldbrand erheblich fördern kann.

Insgesamt ist sowohl der Umgang mit dem Totholz als auch die davon ausgehende Gefahr nicht unumstritten. In einzelnen Bundesländern, z. B. Niedersachsen, beschäftigen sich Arbeitsgruppen mit der Frage nach dem richtigen Umgang und weiteren Brandschutzmaßnahmen. Unabhängig vom Totholz wird zudem der Umbau der Wälder gefordert. Dabei spielt nicht nur der Waldbrandschutz eine Rolle, sondern grundsätzlich der Zustand der Wälder, die unter anderem von der Trockenheit in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Eine konkrete Forderung in diesem Zusammenhang ist die Aufstockung des Mischwalds. Doch ein solcher Umbau von Wald ist kostenintensiv, der Verband AGDW Die Waldeigentümer schätzt die Kosten auf 5.000 bis 15.000 Euro je Hektar. Eine schnelle Maßnahme ist es zudem nicht, da der Umbau Jahrzehnte in Anspruch nehmen wird.

Kontrolliertes Brennen als Waldbrandschutz

Eine weitere Maßnahme, die im Rahmen vom Waldbrandschutz eine Rolle spielen kann, ist das kontrollierte Abbrennen von Waldflächen. Was zum Beispiel in den USA seit Jahrzehnten Praxis ist, findet in Europa noch keine größere Anwendung. Unter dem kontrollierten Brennen versteht man das bewusste Inbrandsetzen von kleinen Waldflächen, bei dem das Totholz auf natürliche Weise beseitigt wird. Das kontrollierte Brennen ist eine vorbeugende Maßnahme, die große Waldbrände verhindern kann, da es durch diese Praktik an brennbarem Material fehlt.

Doch auch das kontrollierte Brennen ist zum einen nicht ungefährlich und zum anderen auch nicht unumstritten. Neben Totholz als Schutzraum ist ein weiterer Kritikpunkt die Entstehung von Brandrauch und damit die Belastung von Umwelt und Mensch. Darüber hinaus erfordert ein kontrolliertes Brennen Fachwissen, um einen unkontrollierten Waldbrand zu vermeiden.

Das letzte größere außer Kontrolle geratene Brennen war 2022 das Calf Canyon Fire in New Mexico, USA. Es entwickelte sich zum zweitgrößten Waldbrand in der Geschichte des Bundesstaates. Ursache für die unkontrollierte Ausbreitung war eine Veränderung der Witterungsverhältnisse.

Munition ist ein Problem

Gerade in den ostdeutschen Bundesländern gibt es aber auch Besonderheiten, die sich sowohl auf die Brandausbreitung als auch auf die Brandbekämpfung auswirken können. Waldflächen leiden dort unter einer Munitionsbelastung aus dem Zweiten Weltkrieg sowie vor allem von ehemaligen Truppenübungsplätzen der DDR.

Wie groß das Problem ist, zeigt sich am Bundesland Brandenburg. Hier gelten offiziell noch 12 Prozent der Landesfläche als munitionsbelastet. Eine Brandbekämpfung durch die Feuerwehr ist auf solchen Flächen nahezu unmöglich, ohne eine große Eigengefährdung der Einsatzkräfte zu riskieren. Das ermöglicht im Zusammenspiel mit hohen Temperaturen und Winden, trockenen Böden und Totholz dann eine schnelle Brandausbreitung. Oftmals muss in solchen Fällen erst Spezialgerät von der Bundeswehr angefordert werden. Eine dringende Maßnahme wäre die Räumung solcher Flächen, damit überhaupt Waldbrandschutz möglich ist.

Fazit

Betrachtet man das Gesamtbild der Flächen- und Waldbrände in Deutschland, wird eines deutlich: Einfache Lösungen gibt es nicht. Doch es besteht ein klarer Handlungsauftrag für die Länder und Kommunen, der nicht erst beginnen darf, wenn wieder Wälder in Deutschland in Flammen stehen.