Prävention Rechtliches

Einsatz von Ortungssystemen in Dienstfahrzeugen

© DedMityay - stock.adobe.com

Im Berichtszeitraum 2022 erhielt der Bayerische Landesbeauftragte für Datenschutz (BayLfD) davon Kenntnis, dass eine bayerische Kommune in Dienstfahrzeugen satellitengestützte GPS-Ortungssysteme verwendete und somit personenbezogene Beschäftigtendaten verarbeitete. In der Vergangenheit hat sich der BayLfD zur Zulässigkeit der Ausstattung von Dienstfahrzeugen mit Ortungssystemen bereits allgemein in seinem 27. Tätigkeitsbericht 2016 unter Nr. 11.4 geäußert; auch nach Geltungsbeginn der Datenschutz-Grundverordnung hält der BayLfD an diesen Ausführungen nach seiner Darstellung im Wesentlichen fest.

Wie der BayLfD in seinem unten vermerkten aktuellen 32. Tätigkeitsbericht 2022 vom 14.06.2023 unter Nr. 9.4 ausführt, erforderte der vorliegende Fall jedoch eine intensive Auseinandersetzung mit den Grenzen der Zulässigkeit der Verarbeitung von Ortungsdaten bei behaupteten Dienst- bzw. Arbeitspflichtverletzungen von Beschäftigten; der Beitrag konkretisiert die einschlägigen Grundsätze somit weiter.

Sachverhalt

Die Kommune setzte bei Außendiensten von Beschäftigten elektronische GPS-Aufzeichnungssysteme ein, um Positionsdaten, Datum und Uhrzeit zu erfassen. Die Datenerhebung fand während der Außendienste durchgehend statt; ein Datenzugriff sei jedoch nur stichprobenartig oder anlassbezogen vorgesehen gewesen. Die Beschäftigten seien über die Maßnahmen zuvor schriftlich informiert worden.

Nach Darstellung der Kommune sei die GPS-Überwachung aufgrund vielfachen Missbrauchs von Außendiensten für private Zwecke (u. a. Lebensmitteleinkäufe, Essensbestellungen, private Nebentätigkeiten) durch Beschäftigte der betroffenen Organisationseinheit erforderlich gewesen. Dienstvergehen und arbeitsvertragliche Pflichtverletzungen seien konkret und unabhängig voneinander durch verschiedene Augenzeuginnen und Augenzeugen innerhalb und außerhalb der Organisationseinheit beschrieben und belegt worden.

Belastbare Nachweise seien aber nicht zu führen, da Augenzeuginnen und Augenzeugen nur unter Wahrung ihrer Anonymität zur Sachverhaltsaufklärung beigetragen hätten. Disziplinarverfahren und arbeitsrechtliche Konsequenzen gegen einzelne Beschäftigte seien daher nicht in Betracht gekommen.

Angeordnet wurde die Überwachungsmaßnahme für alle Beschäftigten der Organisationseinheit bei Außendiensten. Ein Teil der Beschäftigten der Organisationseinheit führte regelmäßig Außendienste mit GPS-Ortungsgerät durch. Bei einigen dieser Beschäftigten gab es jedoch keine Verdachtsmomente bezüglich dienst- oder arbeitsrechtlicher Pflichtverletzungen.

Unterbindung von Außendienstmissbrauch

Eine Interessenabwägung seitens der Kommune habe ergeben, dass kein milderes, gleich geeignetes Mittel als die GPS-Überwachung der Beschäftigten zur Verfügung stand, um dem Ziel einer ordnungsgemäßen Pflichterfüllung der Beschäftigten näher zu kommen. Die Teilnahme zusätzlicher Führungskräfte an Außendiensten sei nicht möglich.

Personalgespräche oder allgemeine Hinweise zur Pflichterfüllung, die Verwendung von Mobiltelefonen und das Führen von Fahrtenbüchern oder Tätigkeitsprotokollen seien nicht ausreichend gewesen. Der erforderliche hinreichende, tatsachengestützte Verdacht auf eine dienst- oder arbeitsrechtliche Pflichtverletzung sei gegeben.

Die Interessen des Dienstherrn bzw. Arbeitgebers an der ordnungsgemäßen Pflichterfüllung seiner Beschäftigten hätten daher das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Beschäftigten überwogen. Nicht eine Leistungskontrolle der Beschäftigten, sondern die Unterbindung des Außendienstmissbrauchs sei Ziel der Maßnahme gewesen.

Verarbeitung personenbezogener Ortungsdaten

Der BayLfD bewertet dies datenschutzrechtlich wie folgt:

„Die rechtliche Würdigung ergab, dass die verarbeiteten Ortungsdaten einen Personenbezug im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO aufwiesen. Die Personenidentifizierbarkeit mittels Standortdaten war möglich, da die jeweilige Person über die Zuordnung zu einem zugeteilten GPS-Überwachungsgerät identifizierbar war. Die Verarbeitung der Positionsdaten von Beschäftigten zum Zwecke der Ausübung der Dienstaufsicht war grundsätzlich an Art. 103 Satz 1 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) zu messen.

Gemäß Art. 103 Satz 1 Nr. 1 BayBG darf der Dienstherr personenbezogene Daten über Bewerber und Bewerberinnen sowie aktive und ehemalige Beamte und Beamtinnen verarbeiten, soweit dies zur Durchführung organisatorischer, personeller und sozialer Maßnahmen, insbesondere zu Zwecken der Personalverwaltung oder Personalwirtschaft erforderlich ist.

Diese Vorschrift ist grundsätzlich auch auf die nichtverbeamteten Beschäftigten des bayerischen öffentlichen Dienstes gemäß Art. 145 Abs. 2 BayBG entsprechend anzuwenden. Anders als in den Fallkonstellationen des Beitrags Nr. 11.4 meines 27. Tätigkeitsberichts 2016 diente die Erfassung der Bewegungsdaten vorliegend nicht etwa der Organisation des Betriebsablaufs, sondern ausschließlich personalverwaltenden Zwecken.

Datenerhebung als Personalmaßnahme

Die Daten waren also kein ,Beifang‘ einer betriebsorganisatorischen Maßnahme, sondern Hauptzweck einer Personalmaßnahme, sodass Rechtsgrundlagen des bereichsspezifischen Personalaktendatenschutzes in Betracht kamen.

Die Zwecksetzung für die Verarbeitung der erfassten Daten führte somit zu einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem jeweiligen Dienst- oder Arbeitsverhältnis im Sinne von § 50 Satz 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG). Zweck der Überwachungsmaßnahme war es nicht, Pflichtverletzungen oder Straftaten aufzuklären, um daran etwaige dienst-, disziplinar-, arbeits- oder strafrechtliche Folgen zu knüpfen.

Die Überwachungsmaßnahme sollte vielmehr dazu dienen, Missbrauch zu verhindern und Beschäftigte zu rechtmäßigem Verhalten zu motivieren. Unter Personalverwaltung im Sinne von Art. 103 Satz 1 Nr. 1 BayBG ist die gesamte Betreuung des konkreten Dienstverhältnisses durch den Dienstherrn zu verstehen (einschließlich seiner Begründung, Durchführung und Beendigung), sodass die Maßnahme als Gegenstand der Personalverwaltung angesehen werden konnte.“

(…)

32. Tätigkeitsbericht des BayLfD v. 14.06.2023

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Fundstelle Bayern 9/2024, Rn. 98.