Gefahrenabwehr Sicherheitskonzepte

Aktuelle Bedrohungen für KRITIS in Deutschland

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Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind unverzichtbar für moderne Wirtschaftsstandorte, für (westliche) Industrienationen und ihre Bevölkerungen. Dieser Beitrag erläutert die große Bedeutung von KRITIS für Deutschland und stellt die (potenziellen) aktuellen Bedrohungen ebenso wie die aktuellen staatlichen Gegenmaßnahmen dar.

KRITIS – Definition und Elemente

Die deutsche Bundesregierung definiert Kritische Infrastrukturen (KRITIS) wie folgt: „Kritische Infrastrukturen (KRITIS) sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen eintreten würden.“[1]

Gemäß dieser Definition zählen zu KRITIS u. a. die Bereiche Energie, Transport und Verkehr (Bahnhöfe und Gleise ebenso wie Flughäfen), Wasser, Finanz- und Versicherungswesen, Ernährung, Medien und Kultur, Staat und Verwaltung, Gesundheit sowie Informationstechnik und Telekommunikation.

So könnte zum Beispiel die Störung des Betriebs eines großen Krankenhauses oder ein großflächiger Ausfall des öffentlichen Stromnetzes zu Versorgungsengpässen und erheblichen Störungen der öffentlichen Sicherheit führen.[2]

Präventive und reaktive Maßnahmen

Um zu verhindern, dass kritische Infrastrukturen ausfallen und dadurch von den Einwohnern der Bundesrepublik Deutschland, eines Bundeslandes, einer Stadt oder einer Region benötigte Dienstleistungen oder Güter („kritische Dienstleistungen“) nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung stehen, müssen sowohl der Staat als auch die Betreiber von KRITIS geeignete Maßnahmen zu deren Schutz ergreifen.

Dazu gehören sowohl präventive Maßnahmen, um Ausfälle kritischer Infrastrukturen zu verhindern, als auch die Vorplanung und Vorbereitung reaktiver Maßnahmen, um mögliche Ausfälle zumindest in Teilen kompensieren und deren Auswirkungen abmildern zu können.[3]

(Potenzielle) Bedrohungen für KRITIS in Deutschland

Anfang Oktober 2022 lag der Schienenverkehr (KRITIS) im Norden Deutschlands lahm. Der Grund war ein möglicher Sabotageakt: Unbekannte hatten wichtige Kommunikationskabel zerstört. An mindestens zwei Stellen wurden Lichtwellenleiterkabel durchtrennt, in Berlin-Hohenschönhausen sowie in Nordrhein-Westfalen, womit auch das Backup-System ausgefallen war.[4]

Nach Angaben der Deutschen Bahn waren von diesem Sabotageakt auch Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Bremen und Hamburg betroffen. Von dort oder nach dort konnten keinerlei ICE, IC oder EC-Züge fahren. Die Ausfälle hatten daher Folgen für den gesamten Fernverkehr in Deutschland.[5]

Bundesverkehrsminister Volker Wissing sprach am Nachmittag des Sabotageaktes von einem, wie er mehrfach betont, „mutwilligen und gezielten Vorgehen“: Es handle sich „eindeutig um eine vorsätzliche Tat“, bei der wichtige Kabel an zwei Stellen „bewusst und gezielt durchtrennt“ worden seien.[6]

Zeitenwende in der inneren Sicherheit

Vor dem Hintergrund des Ukrainekriegs, dortiger Angriffe russischer Truppen und Geheimdienste auf ukrainische KRITIS, sprach Bundesinnenministerin Nancy Faeser im Sommer 2023 – ebenso wie es Bundeskanzler Olaf Scholz wenige Stunden nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Bundestag getan hatte – von einer „Zeitenwende“, konkret von einer „Zeitenwende für die innere Sicherheit“: „Die Bedrohung durch Spionage, Desinformationskampagnen und Cyberangriffe hat sich um eine zusätzliche Dimension erweitert: Russlands Krieg gegen die Ukraine bedeutet auch für die innere Sicherheit eine Zeitenwende.“[7]

Im Folgenden führte Faeser näher aus: „Im Zuge der angespannten Sicherheitslage hat sich auch die Bedrohungslage durch staatliche Cyberangriffe im vergangenen Jahr weiter verschärft. Die Umsetzung der Cybersicherheitsagenda ist daher ein wichtiger Schwerpunkt meiner politischen Arbeit als Bundesinnenministerin: Damit schaffen wir neue Instrumente – nicht nur, um Cyberangriffe fremder Mächte durch das Bundesamt für Verfassungsschutz besser aufzuklären, sondern auch um auf IT-Infrastrukturen einwirken zu können, die für einen Angriff genutzt werden. Mit dem russischen Angriffskrieg rücken sogenannte hybride Bedrohungen zunehmend ins Blickfeld der Öffentlichkeit.“[8]

Sabotageschutz

Sabotage ist die bewusste Beeinträchtigung von militärischen oder politischen Prozessen oder von Produktionsabläufen. Dazu kann das Beschädigen oder Zerstören wichtiger Anlagen und Einrichtungen bspw. im Bereich kritischer Infrastrukturen zählen (etwa Kraftwerke, Verkehrsverbindungen oder Kommunikationsanlagen).

Zum Sabotageschutz gehört der Schutz von KRITIS wie z. B. der Energie- und Wasserversorgung, Informationstechnik und Telekommunikation. Um lebens- und verteidigungswichtige Einrichtungen vor Sabotagehandlungen zu bewahren, ist es wichtig zu gewährleisten, dass an besonders sicherheitssensitiven Stellen solcher Einrichtungen keine Personen beschäftigt sind, bei denen Sicherheitsrisiken vorliegen. Dies ist der Aufgabenbereich des personellen Geheim- und Sabotageschutzes der Sicherheitsbehörden.

Schutz vor Innentätern

Ein vitales Instrument des präventiven personellen Sabotageschutzes ist die Sicherheitsüberprüfung, von den Verfassungsschutzbehörden durchgeführt, um die Gefahr vor Sabotagehandlungen durch Innentäter zu reduzieren. Innentäter sind Personen, die als Mitarbeiter der zu schützenden Einrichtung die Möglichkeit haben, Sabotagehandlungen durchzuführen.

Dazu gehören auch Mitarbeiter von Fremdfirmen, die an einer sicherheitsempfindlichen Stelle in der zu schützenden Einrichtung tätig sind. Sabotagehandlungen können auch durch fremde Geheimdienste geplant und durchgeführt werden.[9]

Sabotage stellt für viele relevante Bereiche eine ernst zu nehmende Gefahr dar. Politik und Verwaltung, das öffentliche Leben, aber auch Unternehmen und Forschungseinrichtungen können betroffen sein. Staatliche Akteure aus dem Ausland, aber auch Extremisten aus dem Inland könnten relevante Einrichtungen und Anlagen ins Visier nehmen, um diese zu schädigen. Ziele von Sabotage könnten bspw. sein: die Störung kritischer Infrastrukturen wie z. B. Internet, Energie-, Treibstoff-, Wasserversorgung.

Verfassungsschutzbehörden als Ansprechpartner

Hinzu kommt aber auch eine potenzielle Störung von Arbeitsabläufen und Kommunikation in Politik und Verwaltung sowie die Störung von Betriebsabläufen in Wirtschaftsunternehmen. Deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen können sich mit Sicherheitsmaßnahmen vor diesen Gefahren schützen.

Die deutschen Verfassungsschutzbehörden sind für die Abwehr von Spionage und Sabotage durch ausländische Nachrichtendienste sowie von Extremismus zuständig und stehen als vertraulicher Ansprechpartner zur Verfügung.

(…)

Den vollständigen Beitrag lesen Sie im Deutschen Polizeiblatt 3.2024, S. 10 ff.

[1] https://www.bmi.bund.de/DE/themen/bevoelkerungsschutz/schutz-kritischer-infrastrukturen/schutz-kritischer-infrastrukturen-node.html (11.02.2024).

[2] Vgl. https://im.baden-wuerttemberg.de/de/sicherheit/krisenmanagement/kritische-infrastrukturen (11.02.2024).

[3] Vgl. ebd.

[4] Vgl. https://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/schienenverkehr-sabotage-bei-der-bahn-wassteckt-hinter-dem-zug-chaos-in-norddeutschlandvom-samstag/28731548.html (11.02.2024).

[5] Vgl. https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/deutsche-bahn-stoerung-funkstoerung-1.5671102 (11.02.2024).

[6] Vgl. ebd.

[7] Bundesministerium des Innern und für Heimat (2023), Verfassungsschutzbericht 2022, Berlin, Juni 2023, S. 3 – 4.

[8] Ebd.

[9] Vgl. https://www. verfassungsschutz.de/DE/themen/geheim-und-sabotageschutz/begriffe-und-hintergruende/Begriffe-und-Hintergruende_node.html#doc721820bodyText2 (11.02.2024).