Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) hat im Fall einer umstrittenen Freischankfläche geurteilt, dass mit den Auflagen zum Immissionsschutz im angefochtenen Bescheid hinreichend sichergestellt sei, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte zuverlässig eingehalten werden können.
Der Eigentümer einer Wohnung in einer Wohnanlage hatte beim Verwaltungsgericht Augsburg (VG) Klage gegen eine auf dem Nachbargrundstück erteilte Baugenehmigung für das Vorhaben „Umbau einer Gaststätte mit Freischankfläche und Neubau einer Schallüberdachung für die Außenbewirtung“ erhoben.
Auf dem Vorhabengrundstück besteht bereits seit mehr als 110 Jahren eine Schank- und Speisewirtschaft, für die dem vormaligen Pächter im Jahr 2009 eine gaststättenrechtliche Erlaubnis, u. a. für einen Wirtsgarten mit ca. 50 Plätzen, erteilt worden war.
Das VG hat die gegen die Baugenehmigung gerichtete Klage des Wohnungseigentümers abgewiesen. Die Genehmigung verletze keine seinem Schutz dienenden Rechte des Bauplanungs- bzw. Bauordnungsrechts.
Keine ernstlichen Zweifel an VG-Urteil
Gegen dieses Urteil wendete sich der Wohnungseigentümer mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (VGH). Er ist der Ansicht, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, die Rechtssache weise besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf, das Urteil weiche von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) und des VGH ab und es liege ein Verfahrensfehler vor.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hatte keinen Erfolg, weil die vom Wohnungseigentümer geltend gemachten Zulassungsgründe alle nicht vorliegen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des VG-Urteils gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nicht.
Zu Recht ist es zu dem Ergebnis gekommen, die baurechtliche Genehmigung zur Umgestaltung des bereits seit Jahrzehnten bestehenden und mit Kenntnis und Billigung der zuständigen Behörden in einem allgemeinen Wohngebiet betriebenen Wirtshauses mit angegliederter Freischankfläche verstoße nicht gegen zumindest auch dem Schutz des Wohnungseigentümers dienende Rechte.
Immissionsschutz hinreichend sichergestellt
Das Vorhaben sei insbesondere nicht rücksichtslos. Die Darlegungen des Wohnungseigentümers im Zulassungsverfahren, auf die sich die Prüfung des VGH im Grundsatz beschränkt, gaben keinen Anlass, an dieser Einschätzung zu zweifeln.
Der Wohnungseigentümer machte hierzu im Wesentlichen unter Berufung auf ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten eines Ingenieurbüros geltend, das Schallschutzgutachten der Stadt vom 24.08.2022 gehe nicht von einem „Worst-Case-Ansatz“ aus und sei damit nicht aussagekräftig.
Die Betriebsbeschreibung sei v. a. zu unbestimmt. Für die Immissionsrichtwerte sei ein Zuschlag für KI (Informationshaltigkeit) und KT (Impulshaltigkeit) von jeweils 6 dB(A) anzusetzen.
Die Auflage, wonach Veranstaltungen, wie z. B. Firmenfeiern, Hochzeiten etc., nur im Inneren der Gaststätte bei geschlossenen Fenstern stattfinden dürften, sei zudem nicht geeignet, zur sicheren Einhaltung zumutbarer Schallimmissionen beizutragen.
Keine Überschreitung der nächtlichen Immissionswerte
Die von Fußgängern verursachten Geräusche seien den Besuchern der Gaststätte zuzurechnen und hätten als Folge der Betriebsführung berücksichtigt werden müssen. Sie führten nach den Aussagen des Ingenieurbüros zu einer Überschreitung der nächtlichen Immissionsrichtwerte. Da die bisherige Gaststätte ohne Baugenehmigung betrieben worden sei, vermöge sich der jahrzehntelange Betrieb auch nicht schutzmindernd auszuwirken.
Dieser Vortrag überzeugte den VGH nicht. Im Hinblick auf die zu erwartende Immissionsbelastung hat das VG mit eingehender und zutreffender Begründung dargelegt, dass und warum durch die Auflagen zum Immissionsschutz im angefochtenen Bescheid hinreichend sichergestellt ist, dass die maßgeblichen Immissionsrichtwerte für Allgemeine Wohngebiete am Sondereigentum des Wohnungseigentümers im tatsächlichen Betrieb zuverlässig eingehalten werden können.
Vorhaben nicht rücksichtslos
Auch mit dem einschlägigen Schallschutzgutachten, welches zum Gegenstand der Baugenehmigung gemacht wurde, hat sich der VGH auseinandergesetzt und sich die dort getroffenen Feststellungen vom Gutachter der Stadt unter Einbeziehung des Gutachters des Wohnungseigentümers in der mündlichen Verhandlung nochmals näher erläutern lassen.
Diesen überzeugenden Einlassungen tritt der Wohnungseigentümer zwar unter Vorlage eines eigenen, bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Gutachtens entgegen. Die Einwendungen des Ingenieurbüros und des Wohnungseigentümers konnten die gerichtlichen Erwägungen aber schon deshalb nicht erschüttern, weil die zugrunde gelegten Abstandsflächen mit 5 m von der Freischankfläche bis zum Wohngebäude bzw. 3 bis 5 m zwischen seinem Wohn- und Schlafzimmer bis zu den dortigen Sitzplätzen unzutreffend sind.
Berechnungen der Schallemissionen zutreffend
Wie sich aus dem genehmigten Lageplan vom 24.08.2022 ergibt, beträgt schon der Abstand von der Grundstücksgrenze des Wohnungseigentümers bis zum Beginn der nicht überdachten Freischankfläche 5,66 m. Und der kürzeste Abstand von der Freischankfläche zum Haus des Wohnungseigentümers beträgt ca. 7 m.
Die von ihm in seinem Schriftsatz vom 25.10.2023 erwähnten, zur Straße ausgerichteten Fenster des Wohn- und Schlafzimmers sind noch weiter entfernt. Unabhängig davon kommt der Gutachter des Wohnungseigentümers zwar zu dem Schluss, dass auch höhere Ansätze zu rechtfertigen wären, führt aber nicht substanziiert aus, dass und inwieweit die Werte des Gutachtens vom 24.08.2022 unzutreffend sind.
Vielmehr bestätigt das Gutachten des Wohnungseigentümers auf Seite 1 sogar, dass die Angaben aus dem Gutachten vom 24.08.2022 auch mit der Betriebsbeschreibung übereinstimmen und die Berechnungen der Schallemissionen und der Beurteilungspegel zutreffend sind.
(…)
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschl. v. 11.06.2024 – 15 ZB 23.1723
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Fundstelle Hessen 18/2024, Rn. 167.