Wie können Opfer nach einem Anschlag wie etwa auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt unterstützt werden? Was bietet das Soziale Entschädigungsrecht (SGB XIV)?[1]
Die Anschläge 2016 auf dem Berliner Breitscheidplatz, 2020 in Hanau und am 20.12.2024 auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt – all diese erschütternden Ereignisse haben eines gemeinsam: Sie forderten zahlreiche Opfer. Wenn derart Schreckliches geschieht, benötigen die Opfer schnelle und umfassende Unterstützung. Der Beitrag gibt einen kurzen Überblick über die Leistungen, die Betroffene nach dem Vierzehnten Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) beanspruchen können.
Was regelt das SGB XIV?
Das SGB XIV regelt die Entschädigung für gesundheitliche Schäden, die durch bestimmte schädigende Ereignisse eintreten. Hierzu zählen insbesondere – psychische wie physische – Gewalttaten, auf die sich der vorliegende Beitrag fokussiert. Auf die Motivation des Täters kommt es dabei nicht an, ebenso wenig auf dessen Schuldfähigkeit. Das SGB XIV gilt also unabhängig davon, ob die Tat aus einer terroristischen, rechtsextremistischen oder ausländerfeindlichen Gesinnung heraus begangen wurde. Ebenso unerheblich sind eine etwaige psychische Erkrankung und Schuldunfähigkeit des Täters.
Wer ist leistungsberechtigt?
Der Kreis der Anspruchsberechtigten ist in § 2 SGB XIV geregelt. Dazu zählen nicht nur die unmittelbar Geschädigten, sondern auch deren Angehörige, Hinterbliebene und Nahestehende. Darüber hinaus bestehen bei Gewalttaten weitergehende Regelungen: Anspruch haben auch Personen, die durch das Miterleben der Tat oder das Auffinden des Opfers eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben.
Das bedeutet, dass auch Menschen, die selbst durch die Tat nicht körperlich verletzt wurden, aber durch das Mitansehen oder das Mitanhören der Tat betroffen sind, Leistungen nach dem SGB XIV erhalten können (§ 14 Abs. 2 S. 1 SGB XIV). Wer in diesen Fällen beispielweise einen Schock erleidet und psychotherapeutische Unterstützung benötigt, kann sich an eine Traumaambulanz wenden.
Den Opfern von Gewalttaten stehen weiterhin Personen gleich, die durch die Überbringung der Nachricht vom Tode oder der schwerwiegenden Verletzung des Opfers eine gesundheitliche Schädigung erleiden – vorausgesetzt, zwischen diesen Personen und dem Opfer bestand eine enge emotionale Beziehung (§ 14 Abs. 2 S. 2 SGB XIV). Das Gesetz nennt hier beispielhaft Angehörige und Nahestehende, aber im Einzelfall können auch andere Personen eine enge emotionale Beziehung zum Opfer haben, etwa enge Freunde.
Auf die Staatsangehörigkeit der Opfer kommt es nicht an. Ausländer erhalten dieselben Leistungen wie deutsche Staatsangehörige. Notwendige Aufwendungen für Dolmetscher und Übersetzer werden nach den Vorgaben des § 12 SGB XIV übernommen.
Welche Voraussetzungen bestehen?
Leistungen nach dem SGB XIV werden erbracht, wenn gesundheitliche und/oder wirtschaftliche Folgen aus einer gesundheitlichen Schädigung resultieren, die ursächlich auf ein schädigendes Ereignis – etwa einen Anschlag – zurückzuführen ist (§ 4 Abs. 1 S. 1 SGB XIV). Zur Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Schädigungsfolge genügt die Wahrscheinlichkeit des Kausalzusammenhangs (§ 4 Abs. 4 SGB XIV).
Bei psychischen Gesundheitsstörungen, die gerade bei Anschlägen häufig auftreten, gilt seit dem 1. Januar 2024 eine Vermutungsregelung (§ 4 Abs. 5 SGB XIV): Wenn medizinische Tatsachen vorliegen, die nach wissenschaftlicher Erfahrung geeignet sind, einen Ursachenzusammenhang zwischen einem nach Art und Schwere geeigneten schädigenden Ereignis und der gesundheitlichen Schädigung und der Schädigungsfolge zu begründen, wird die Kausalität vermutet – sofern diese Vermutung nicht durch einen anderen Kausalverlauf widerlegt wird.
Leistungen der Sozialen Entschädigung werden grundsätzlich auf Antrag erbracht (vgl. § 10 SGB XIV, auch zu den Ausnahmen von diesem Grundsatz). Eine Frist für die Antragstellung besteht nicht. Allerdings werden die Leistungen, für die ein Antrag erforderlich ist, grundsätzlich ab dem Monat der Antragstellung erbracht (§ 11 Abs. 1 SGB XIV).
Wird der Antrag innerhalb eines Jahres nach dem schädigenden Ereignis gestellt, können auch Leistungen für zurückliegende Zeiträume gewährt werden. Wird jemand unverschuldet an der Antragstellung verhindert, so verlängert sich diese Frist um den Zeitraum der Verhinderung (§ 11 Abs. 2 SGB XIV).
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Den vollständigen Beitrag lesen Sie im RdW-Kurzreport 21/2025, S. 882 ff.
[1] Der Beitrag stellt ausschließlich die persönliche Ansicht der Autorin dar.
