Nachdem in Teil 1 die Auslöser und der Ablauf interner Untersuchungen dargestellt wurden, widmet sich nun der 2. Teil ihren Vorteilen und Herausforderungen, wobei auch der rechtliche Rahmen sowie die aus eingetretenen Sicherheitsvorfällen zu ziehenden Konsequenzen in den Blick genommen werden.
Interne Untersuchungen bieten Unternehmen die Möglichkeit, auf potenzielle Missstände strukturiert, rechtssicher und unabhängig zu reagieren. Sie stärken nicht nur die interne Governance, sondern können auch dazu beitragen, rechtliche Risiken zu minimieren und das Vertrauen interner wie externer Stakeholder zu bewahren. Gleichzeitig ist ihre Durchführung mit nicht zu unterschätzenden Herausforderungen verbunden.
Vorteile
Die Vorteile interner Untersuchungen stellen sich wie folgt dar:
Proaktives Handeln
Unternehmen können frühzeitig auf Verdachtsmomente reagieren, statt erst im Zuge behördlicher Ermittlungen oder medialer Berichterstattung aktiv werden zu müssen. So lassen sich Schäden eingrenzen oder ganz vermeiden.
Interne Steuerung und Kontrolle
Der Untersuchungsprozess liegt in der Hand des Unternehmens. Es kann Umfang, Methodik und Tempo selbst festlegen – und bei Bedarf externe Spezialisten hinzuziehen. Zudem kann durch eine frühe Untersuchung gegenüber den Behörden und Kunden allfälligen Anzeigepflichten nachgekommen werden und es können so schlimmere Schäden vermieden werden.
Positive Signalwirkung
Eine professionell durchgeführte interne Untersuchung unterstreicht das Verantwortungsbewusstsein der Unternehmensleitung. Sie zeigt gegenüber Mitarbeitenden, Geschäftspartnern und der Öffentlichkeit, dass Fehlverhalten nicht toleriert, sondern aktiv aufgearbeitet wird.
Prävention
Die Analyse von Schwachstellen in Prozessen oder Strukturen ermöglicht gezielte Verbesserungen, wodurch interne Untersuchungen einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Compliance- und Sicherheitskultur leisten.
Herausforderungen
Demgegenüber können aber auch folgende Herausforderungen ent- bzw. bestehen:
Sicherstellung von Vertraulichkeit
Ein Informationsleck – etwa durch unbedachte Kommunikation oder mangelnde Zugangsbeschränkungen – kann erhebliche rechtliche, geschäftliche und reputative Schäden verursachen. Strenge Vertraulichkeitsregelungen und klare Kommunikationswege sind essenziell.
Wahrung von Objektivität und Unparteilichkeit
Interne Interessenkonflikte können die Integrität der Untersuchung gefährden. Unabhängige Untersuchungsteams, ggf. unter externer Leitung, tragen zur Glaubwürdigkeit bei.
Rechtliche Fallstricke
Formfehler – etwa bei Befragungen, Datensicherungen oder disziplinarischen Maßnahmen – können nicht nur die Ergebnisse unbrauchbar machen, sondern auch rechtliche Konsequenzen (z. B. Datenschutzverstöße, arbeitsrechtliche Auseinandersetzungen) nach sich ziehen. Im Falle einer verführten, missbräuchlichen Kündigung müssen beispielsweise Schadenersatzansprüche oder Anspruch auf Wiedereinstellung des eigentlich störenden Mitarbeiters gewährt werden.
Ressourcenaufwand
Interne Untersuchungen binden erhebliche personelle, technische und finanzielle Ressourcen – insbesondere, wenn mehrere Standorte, Sprachen oder komplexe IT-Systeme betroffen sind.
Rechtlicher Rahmen und Compliance
Eine interne Untersuchung muss stets im Einklang mit rechtlichen Vorgaben stehen:
- Arbeitsrecht: Die Persönlichkeitsrechte der Mitarbeitenden müssen gewahrt bleiben. Befragungen dürfen nicht unter Zwang erfolgen.
- Datenschutzrecht: Die Verarbeitung personenbezogener Daten muss legitim sein und den Grundsätzen der Datenminimierung folgen.
- EU-Whistleblowing-Richtlinie: Hinweisgeber müssen geschützt werden, einschließlich vertraulicher Meldekanäle und Schutz vor Repressalien.
Besondere Aufmerksamkeit verdient im eingangs erwähnten Fall der Schutz des Hinweisgebers. Nur wenn Hinweisgeber auf sichere Kanäle und Vertraulichkeit vertrauen können, wird ein funktionierendes Frühwarnsystem etabliert. Darüber hinaus kann sich im Verlauf der Untersuchung zeigen, dass strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt.
In solchen Fällen sollte das Unternehmen sorgfältig prüfen, ob – oder wann – eine Strafanzeige geboten ist. Dies kann nicht nur zur Sanktionierung des Fehlverhaltens beitragen, sondern auch verhindern, dass sich das Unternehmen einer eigenen Pflichtverletzung durch Unterlassen aussetzt.
Lessons Learned und Prävention
Nach Abschluss einer internen Untersuchung ist es entscheidend, die gewonnenen Erkenntnisse konsequent zu nutzen, um vergleichbare Vorfälle künftig zu vermeiden. Dabei sollten Unternehmen folgende Maßnahmen prüfen und gegebenenfalls umsetzen:
- Stärkung und Weiterentwicklung des Compliance-Managements: Die Untersuchungsergebnisse können Schwachstellen im bestehenden Regelwerk aufdecken. Die Einführung oder Anpassung von Richtlinien, Kontrollmechanismen und internen Prozesse ist daher ein zentraler Schritt zur Risikominimierung.
- Mitarbeiterschulungen und Sensibilisierung: Die beste Prävention ist ein wachsames und informiertes Team. Schulungen zu Themen wie Sicherheit, Integrität, Meldepflichten oder Datenschutz schaffen Bewusstsein und fördern eine Kultur der Verantwortung.
- Etablierung klarer und sicherer Meldewege: Nur wenn potenzielle Verstöße niedrigschwellig, anonym und vertraulich gemeldet werden können, funktioniert ein internes Frühwarnsystem. Whistleblowing-Systeme sind daher empfehlenswert für jedes Unternehmen mit erhöhtem Risikoprofil.
- Strafanzeige: Wird im Zuge der Untersuchung ein möglicher Gesetzesverstoß festgestellt, sollte das Unternehmen sorgfältig abwägen, ob eine Anzeige bei den zuständigen Strafverfolgungsbehörden erforderlich ist. Neben der rechtlichen Pflicht kann dies auch eine abschreckende Wirkung entfalten und die eigene Kooperationsbereitschaft unterstreichen.
Im geschilderten Fall implementierte das betroffene Unternehmen neue Sicherheitsrichtlinien, etablierte ein technisch und organisatorisch verbessertes Hinweisgebersystem und überarbeitete zentrale Elemente seines Compliance-Frameworks. Damit wurden nicht nur die unmittelbaren Risiken adressiert, sondern zugleich die Weichen für eine nachhaltigere Unternehmenskultur gestellt.
Fazit
Interne Untersuchungen sind ein unverzichtbares Werkzeug für Unternehmen, um auf Sicherheitsvorfälle angemessen zu reagieren. Sie ermöglichen es, Missstände aufzudecken, Risiken zu minimieren und Vertrauen bei Stakeholdern aufzubauen. Der Erfolg hängt jedoch maßgeblich von sorgfältiger Planung, rechtlicher Absicherung und transparentem Vorgehen ab. Es wird Unternehmen empfohlen, präventiv Strukturen zu schaffen, um im Ernstfall schnell handeln zu können.
Vertiefende Ausführungen des Autors zum Thema „Interne Untersuchungen durch Unternehmen“ finden Sie im Handbuch Unternehmenssicherheit des Richard Boorberg Verlags (S. 335–343).
