Im Fall eines Enkeltrick-Betrugs hat das Oberlandesgericht Zweibrücken entschieden, dass für die Bemessung der Strafhöhe festgestellt werden muss, auf welche Weise das zu verurteilende Bandenmitglied – hier die Abholerin des Geldbetrags – sich an der konkreten Tat beteiligt und welchen konkreten Bezug es zur Tat hat.
Nach den amtsgerichtlichen Feststellungen wurde die Angeklagte von bislang unbekannten Personen angeworben und sollte sich als Mitglied einer Gruppierung zukünftig an Betrugsstraftaten zum Nachteil älterer Menschen mit dem Modus Operandi „Enkeltrick“/„Schock-Anruf“ beteiligen. In von Mitgliedern der Gruppierung geführten Telefonaten sollten ältere Opfer durch Vortäuschung vermeintlicher Notlagen zur Herausgabe von wesentlichen Teilen ihres Vermögens bewegt werden.
Sachverhalt
Die Angeklagte sollte als „Abholerin“ fungieren, also (größere) Bargeldbeträge bei zuvor erfolgreich getäuschten Tatopfern abholen und den so erlangten Geldbetrag anschließend an weitere Tatbeteiligte übergeben. Das auch der Angeklagten bekannte Ziel der (geplanten) Taten war es, sich durch die Betrugstaten eine Einnahmequelle von einiger Dauer und gewissem Umfang zu verschaffen.
Nach den Feststellungen des Ausgangsgerichts führte die Angeklagte die Tat wie folgt aus: In Kenntnis der beabsichtigten Vorgehensweise reiste die Angeklagte von Polen nach Deutschland und buchte ein Hotelzimmer; hier wartete sie auf weitere (telefonische) Anweisungen zur konkreten Tatbegehung.
Tathergang
Am Vormittag des 16.04.2024 kontaktierte ein bislang unbekanntes Mitglied der Gruppierung, der auch die Angeklagte angehörte, die Zeugin telefonisch und gab sich unter dem Namen „W.“ als Polizeibeamtin aus, um einen Anruf in amtlicher Funktion vorzutäuschen. Die Anruferin teilte wahrheitswidrig mit, dass die Tochter der Zeugin einen schweren Verkehrsunfall verursacht habe und für den Tod einer hochschwangeren Frau verantwortlich sei; damit ihre Tochter nicht ins Gefängnis müsse, solle die Zeugin einen hohen Geldbetrag zahlen.
In einem weiteren Telefonat vereinbarte die Zeugin mit der Tatbeteiligten „Frau W.“ die Übergabe von 400.000 EUR an der Wohnanschrift der Zeugin. Die in Kenntnis dieser Umstände von der Gruppierung mit der Geldabholung beauftragte Angeklagte erschien zu diesem Zweck an der Wohnung der Zeugin, um dort – wie vereinbart – die 400.000 EUR entgegenzunehmen.
Nachdem die Zeugin, die zunächst zur Geldübergabe bereit war, zwischenzeitlich misstrauisch geworden war und die Polizei alarmiert hatte, wurde die Angeklagte von Einsatzkräften der Polizei festgenommen.
Verfahrensgang
Im Rahmen des Revisionsverfahrens wurde die amtsgerichtliche Verurteilung wegen versuchten bandenmäßigen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.
Normen und Leitsatz
StGB – §§ 25, 27, 263
Schließen sich mehrere Täter zu einer Bande zusammen, um fortgesetzt Straftaten einer bestimmten Deliktsart zu begehen, ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Bandenmitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Beitrag geleistet haben.
Oberlandesgericht Zweibrücken, Beschl. v. 04.12.2024 –1 ORs 3 SRs 72/24
Aus den Gründen
Die Revision des Angeklagten führt zur vollständigen Aufhebung des Urteils mit Ausnahme der Feststellungen. Der Schuldspruch hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Zwar begegnet die Würdigung des Amtsgerichts, die Angeklagte habe als Mitglied einer Bande gehandelt, keinen rechtlichen Bedenken.
Die Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten bandenmäßigen Betruges gemäß § 263 Abs. 3 StGB kann jedoch deswegen keinen Bestand haben, weil das Amtsgericht deren Handlung als mittäterschaftlichen Tatbeitrag (§ 25 Abs. 2 StGB) eingestuft hat, ohne sich mit der Frage zu befassen, ob diese nicht auch (nur) eine Beihilfehandlung im Sinn von § 27 Abs. 1 StGB darstellen könnte. In den Urteilsgründen fehlen jegliche Ausführungen zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme.
Auch wenn dem Tatgericht bei der Abgrenzung von Mittäterschaft und Beihilfe ein Beurteilungsspielraum zuzugestehen ist, der nur eingeschränkter revisionsrechtlicher Kontrolle unterliegt (…), stellt dies hier einen durchgreifenden Rechtsfehler dar, da es sich angesichts der vom Amtsgericht zur Tatbegehung getroffenen Feststellungen nicht von selbst versteht, dass die Angeklagte als Mittäterin und nicht lediglich als Gehilfin gehandelt hat.
(…)
Den vollständigen Beitrag lesen Sie im Neuen Polizeiarchiv 05/2025, Lz. 340.