Wann sind zugunsten eines Arbeitgebers Detektivkosten erstattungsfähig, wenn es um schwerwiegende Vertragsverstöße eines Arbeitnehmers geht? Eine Antwort gibt das nachfolgende Urteil.
Ein Arbeitnehmer war als Fahrausweisprüfer bei einem Verkehrsunternehmen des ÖPNV angestellt. Er übte auch die Funktion eines Ersatzmitglieds des bei seiner Arbeitgeberin gebildeten Betriebsrats aus und war in dieser Funktion zuletzt im November 2022 für den Betriebsrat tätig. Die Arbeits- und Pausenzeiten für Mitarbeiter wurden nach einer Betriebsvereinbarung mittels eines Zeitsystems erfasst. Aufgrund der vom Fahrausweisprüfer gestempelten Zeiten für einige Tage im Dezember 2022 warf ihm seine Arbeitgeberin am 20.12.2022 fortgesetzten Arbeitszeitbetrug vor und hörte ihn dazu an.
Kündigung und Klage
Am 02.01.2023 sprach die Arbeitgeberin ihm die außerordentliche fristlose Kündigung seines Arbeitsverhältnisses aus. Damit war der Fahrausweisprüfer nicht einverstanden und erhob eine Kündigungsschutzklage. Er meinte, er habe keinen Arbeitszeitbetrug begangen. Das Zeiterfassungssystem habe nicht zuverlässig funktioniert und er habe in der Moschee und in Bäckereien Teambesprechungen durchgeführt.
Zudem bestritt er die ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats bei der Anordnung der Arbeitgeberin zur Observierung durch einen Detektiv wie auch bei der Kündigung. Insoweit bestünde aufgrund eines Verstoßes gegen die Datenschutzgrundverordnung und gegen sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein Sachvortrags- und Beweisverwertungsverbot. Zudem sei die Beauftragung eines Detektivs nicht notwendig gewesen.
Die beklagte Arbeitgeberin beantragte die Abweisung der Klage und die Verurteilung des Klägers, ihr knapp 22.000 € nebst Zinsen für die ihr entstandenen Detektivkosten zu zahlen. Diesen Antrag begründete die Beklagte damit, dass in Gesprächen im Juli 2022 mit einem bei ihr tätigen Sicherheitsunternehmen zufällig Unregelmäßigkeiten bezüglich der Arbeitszeiterfassung sowie der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit des Klägers aufgefallen seien.
Detektivermittlungen und Arbeitszeitverstöße
Mitarbeiter des Sicherheitsunternehmens hätten berichtet, dass der Kläger während der Arbeitszeit ein Fitnessstudio, eine Moschee und einen Friseur besucht habe. Zudem habe er private Fotoshootings am Rheinufer während der geschuldeten Arbeitszeit abgehalten. Zur Überprüfung dieser schwerwiegenden Vorwürfe sei eine Detektei beauftragt worden, die den Kläger unregelmäßig an einzelnen Tagen im November observiert habe.
Aufgrund mehrerer aufgezeigter Arbeitszeitverstöße sei weiterhin der Auftrag erteilt worden, den Kläger in einem festen Zeitraum im Dezember 2022 zu überwachen, um so ein wirklich verlässliches Ergebnis zu erhalten. Demnach habe der Kläger sich während der Arbeitszeit mehrfach ohne entsprechenden Pauseneintrag an der Adresse seiner Freundin oder in Bäckereien/Cafés aufgehalten und längere Pausen abgehalten, als sie im Zeiterfassungssystem eingetragen worden seien.
Die Kündigung sei als außerordentliche Tatkündigung und hilfsweise als außerordentliche Verdachtskündigung wegen fortgesetzten Arbeitszeitbetruges gerechtfertigt. Die Kündigungsschutzklage war vor dem Arbeitsgericht erfolglos. Auch die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen.
Beurteilung des Landesarbeitsgerichts
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts war die dem Kläger ausgesprochene Kündigung wirksam und hatte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit ihrem Zugang beendet. Ein vorsätzlicher Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, sei an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darzustellen.
Zumindest im Dezember 2022 habe der Kläger erhebliche Pausenzeiten vorsätzlich nicht im Zeiterfassungssystem dokumentiert, wozu er nach der Betriebsvereinbarung verpflichtet gewesen sei. Die entsprechenden Feststellungen des Arbeitsgerichts dazu seien nicht zu beanstanden.
Zulässigkeit der Detektivüberwachung
Darüber hinaus sei das Arbeitsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass die Observation des Klägers durch eine Detektei nach § 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG zulässig gewesen sei und auch kein Beweisverbot bestünde.
Ein Sachvortrags- oder Beweisverwertungsverbot komme – gerade auch im Geltungsbereich der DSGVO – nur in Betracht, wenn die Nichtberücksichtigung von Sachverhaltsdarstellungen oder eines Beweismittels wegen einer durch Unionsrecht oder Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten Rechtsposition des Arbeitnehmers zwingend geboten sei. Es müsse zur Verletzung eines Grundrechts des Arbeitnehmers kommen, was beispielsweise anzunehmen sei, wenn ein Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Positionen ohne eine Rechtfertigung erfolge.
Die Überwachung des Klägers durch Detektive, die beobachteten, fotografierten und dokumentierten, stelle zwar einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers und dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Dieser Eingriff sei aber von geringer Intensität, weil er nur während der Schichtzeiten, im öffentlichen Verkehrsraum über einen Zeitraum von wenigen Tagen erfolgt sei und praktisch nur das dokumentiert wurde, was jeder beliebige Passant ebenfalls hätte wahrnehmen können. Es lag keine vom Kläger behauptete Totalüberwachung vor.
Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten
Der Beklagten stünde ein Anspruch auf Erstattung der Detektivkosten zu. Der Kläger habe hier seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt. Die Beklagte habe aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers übertragen und der Kläger sei einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt worden.
Deshalb handele es sich nicht um sogenannte Vorsorgekosten, die als Betriebsausgaben vom Arbeitgeber zu tragen seien. Nach den Umständen des Falles seien hier der Beklagten die nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehenden Kosten entstanden. Es hätten konkrete Verdachtsmomente vorgelegen.
Insgesamt habe ein Arbeitgeber nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche inne, die ein vernünftig wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich angesehen und ergriffen haben würde.
Aufgrund der Aussagen der Mitarbeiter des Sicherheitsunternehmens konnte und musste die Beklagte den Verdacht gehabt haben, dass der Kläger einen Arbeitszeitbetrug begangen habe, indem er während seiner Arbeitszeit privaten Dingen wie Fotoshootings, Moscheebesuchen und Friseurbesuchen nachgegangen sei.
Praxistipp
Nach diesen Maßstäben können also Detektivkosten dann von einem Arbeitnehmer verlangt werden, wenn dieser in schwerwiegender Weise gegen seine Pflichten verstoßen hat und bei vernünftiger objektiver Bewertung eine Detektei beauftragt wird, um solche Verstöße zu verifizieren.
Landesarbeitsgericht Köln, Urt. v. 11.02.2025 – 7 Sa 635/23
Entnommen aus dem RdW-Kurzreport 18/2025, Rn. 234.