Protest als demokratisches Mittel der Meinungsäußerung
Das Recht auf Versammlungsfreiheit ist durch Art. 8 GG jedem Bürger garantiert. Die speziellen Regelungen zur Durchführung sind im Versammlungsgesetz (VersammlG) geregelt. Generell müssen Demonstrationen unter freiem Himmel rechtzeitig (mindestens zwei Tage vorher) bei der Versammlungsbehörde angemeldet werden. Die Anmeldepflicht ist in § 14 Versammlungsgesetz geregelt und umfasst sowohl die Frist, als auch die Nennung des Demonstrationszweckes sowie die Benennung eines Versammlungsleiters.
Das Phänomen (Bl)Occupy -Bewegung
Occupy Germany ist der Oberbegriff sämtlicher Occupy-Initiativen in Deutschland. Vorbild ist die US-amerikanische Occupy-Wall-Street-Bewegung, die zwei Monate im Herbst 2011 den New Yorker Zuccotti Park in der Nähe der Wall Street besetzt hielt. Gefordert wird die Bekämpfung von sozialen Ungleichheiten, Spekulationsgeschäften von Banken zulasten der Kunden und des Einflusses der Wirtschaft auf die Politik.
Die Konzentration auf konkrete Forderungen oder ein Programm fehlen in der heterogenen Bewegung. Mittlerweile hat die deutsche Occupy-Bewegung kaum noch Bezug zur internationalen Initiative und deren Vertreter und konzentriert sich als Bloccupy oder Blockupy neben Protesten gegen Banken und Unternehmen vor allem gegen staatliche Strukturen in Deutschland.
Ziviler Ungehorsam als Kampfansage
Demonstrationen und Kundgebungen als legitimes demokratisches Mittel implizieren Regeln, an die sich die Teilnehmer halten müssen. So gilt beispielsweise das Vermummungsverbot, welches den Teilnehmern untersagt, ihr Gesicht zu verdecken und damit die Feststellung der Identität zu verhindern (vgl. § 17a Abs. 2 VersammlG). Während der Blockupy-Proteste in Frankfurt am 1. Juni 2013 kam es zu zahlreichen Verstößen durch Protestierende. So hatten sich vermummte Demonstranten des sog. „Schwarzen Blocks“ Schutzwaffen und -schilde gebaut und sich geweigert, diese abzulegen. Zudem kam es immer wieder zu Sachbeschädigungen gegen Geschäfte in der Innenstadt und Bankgebäude sowie zu gewalttätigen Angriffen gegen Polizeibeamte.
Die Einsatzkräfte wurden mit Farbbeuteln, Glasflaschen (z.T. mit Farben und anderen Substanzen gefüllt) beworfen und mit gezündeter Pyrotechnik beschossen. Indessen sahen sich die Demonstranten von der Polizei an ihrem freien Protest und der eigenen Entscheidung über den Weg des Protestzuges und gerechtfertigte Protestmittel gehindert.
Polizeitaktik zwischen Kriminalisierung und Deeskalation
Teilnehmer der Demonstration empfanden sich aufgrund des hohen Polizeiaufkommens vorab kriminalisiert. Kritik während der Proteste richtete sich vor allem gegen die Polizeitaktik, die sich letztenendes dazu entschloss, Demonstranten einzukesseln und somit einen Teilausschluss von etwa 900 Demonstranten zu bilden. Nach Begründung der Polizei wurde dieser notwendig, weil nicht nur gegen mehrere Auflagen der Versammlungsbehörde verstoßen wurde, sondern auch gegen Rechtsvorschriften des Versammlungsgesetzes, was mit Gewalt einherging. Aufgrund der Weigerung, Vermummung und Schutzwaffen abzulegen, wurde die Versammlung schließlich von der Versammlungsbehörde für beendet erklärt. Dies stieß auf Unverständnis der Demonstrationsteilnehmer, so dass einzelne unter erheblichem Widerstand aus der Gruppe herausgeführt werden mussten. Es entstand eine Spontan-Demonstration mit etwa 1000 Personen, während der sie Einsatzkräfte mittels Pyrotechnik, spitzen Gegenständen, Holzlatten, Fahnenstangen, Pfefferspray, Tritten sowie Flaschen- und Farbbeutelwürfen angegriffen. Daraufhin kam es seitens der Polizei zu Festnahmen und dem Einsatz von Pfefferspray und Schlagstock.
Darstellung in den Medien und Konsequenzen
Die mediale Darstellung von den Protesten in Frankfurt unterschied sich sehr stark voneinander. Auf Seiten der Demonstrationsteilnehmer war nach Angaben der Polizei bis zum Ende des Aktionswochenendes am 2. Juni 2013 lediglich eine verletzte Person bekannt, von vier Demonstranten wurde Anzeige gegen Polizeibeamte erstattet. Da dies nach Ansicht von Kritikern nicht die Realität widerspiegelt, forderte Bündnis 90 Die Grünen einen Untersuchungsausschuss im Hessischen Landtag.
Die Polizei hat eine interne Kommission zur Untersuchung eingerichtet. Neben einer Demonstration gegen Polizeigewalt am 8. Juni 2013 riefen die Demonstranten in Frankfurt erneut dazu auf, sich als Verletzte noch zu melden und Anzeige gegen Polizeibeamte zu erstatten. Parallel kam es zu einem Überfall vermummter Personen in Berlin gegen Polizisten, bei dem eine Polizeibeamtin mit Benzin übergossen und mit einem Brandsatz beworfen wurde, der sie nur knapp verfehlte. In einer im Internet kursierenden Erklärung wurde die Tat als Vergeltungsschlag gegen die Polizeigewalt in Frankfurt begründet.
Schadensbilanz als Politikum
Letztlich wurden bei dem Einsatz am 1. Juni 2013 in Frankfurt 21 Polizisten verletzt. Es kam zu 45 vorläufigen Festnahmen aufgrund von Körperverletzungen, Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte und Sachbeschädigungen. Die Polizei stellte zahlreiche pyrotechnische Gegenstände sicher. Darunter auch ein Abschussgerät für Leuchtkugeln. Darüber hinaus wurden zahlreiche Vermummungsgegenstände, selbst gebastelte Schutzschilde und mit Farbe gefüllte Glasflaschen sichergestellt.
Am Rande der Proteste kam es zu weiteren Vorfällen, bei welchen u.a. mehrere Scheiben eines Gebäudes der Deutschen Bundesbank mit Steinen und in Gläsern gefüllte Farbe beworfen und beschädigt wurden. Auch wurden mehrere Scheiben einer weiteren Bankfiliale beschädigt. Bei den Taten entstand ein Schaden in Höhe von mehreren tausend Euro. In den Medien steht diese Schadensbilanz den Darstellungen über unverhältnismäßige Polizeigewalt und dem Verdacht gegenüber, nach welchem die Polizei den Ablauf einer demokratisch legitimierten Protestveranstaltung verhindern wollte.
Praxishinweise
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