Verhaltensorientiertes Profiling
Gleich mehrfach wurde das sog. verhaltensorientierte Profiling von Flugpassagieren auf den 5. Luftsicherheitstagen des BDSW als zukunftsträchtige Luftsicherheitsmaßnahme angeführt. Diese Methode unterstützt Luftsicherheitsassistenten bei der Personenkontrolle, indem Passagiere, die ein besonderes Sicherheitsrisiko darstellen könnten, vorab identifiziert werden. Dazu werden sie beim Warten auf die Sicherheitskontrolle von psychologisch geschultem Personal darauf hin beobachtet, ob sie gestresst oder ängstlich wirken oder so, als ob sie etwas verbergen. Sofern die Sicherheitskräfte auffälliges Verhalten feststellen, informieren sie das für Personenkontrollen zuständige Personal, welches die betroffene Person einer besonders gründlichen Durchsuchung unterzieht. In den USA kommt dieses Verfahren beispielsweise unter dem Namen Screening Passengers by Observation Techniques (SPOT) bereits zum Einsatz. Vieles spricht nun dafür, dass es auch es auch in Deutschland umgesetzt werden könnte:
Stand der Diskussion
Kirsten Lühmann, Mitglied des Deutschen Bundestags, bezeichnete das verhaltensorientierte Profiling auf den Luftsicherheitstagen als derzeit beste Möglichkeit, um Personenkontrollen zu verbessern, vor allem, da Körperscanner keine Körperöffnungen untersuchen. Dr. Steffen Richter, Leiter des Referats Luftsicherheit im Bundespolizeipräsidium, berichtete von Verhaltensobservationen am Flughafen Baltimore, dessen Sicherheitskontrolle er als „checkpoint of the future“ bezeichnete. Das Bundespolizeipräsidium habe daher kürzlich einen Workshop zur Verhaltensbeobachtung durchgeführt. Sven O. Weirup, Vorstandsvorsitzender des European Aviation Security Center, sprach sich für effizientere Kontrollen aus und hob diesbezüglich die Luftsicherheitsassistenten des Amsterdamer Flughafens Schiphol hervor, die ebenfalls in der Erkennung von Verhaltensauffälligkeiten geschult würden.
Rechtliche Zulässigkeit
Grundsätzlich wäre das verhaltensorientierte Profiling auch in Deutschland zulässig, denn gemäß § 5 Abs. 1 Luftsicherheitsgesetz darf die Luftsicherheitsbehörde Personen, welche die nicht allgemein zugänglichen Bereiche des Flugplatzes betreten haben oder betreten wollen, durchsuchen oder in sonstiger geeigneter Weise überprüfen. Diese Aufgabe darf sie gemäß § 5 Abs. 5 LuftSiG auch Beliehenen übertragen.
Da Luftsicherheitsassistenten als Beliehene hoheitliche Aufgaben wahrnehmen, wären sie gemäß Art. 20 Abs. 3 GG allerdings auch an Gesetz und Recht, insbesondere die Grundrechte, gebunden.
Das muss auch für private Sicherheitsdienstleister gelten. Auch sie dürfen staatliche Sicherheitsaufgaben wahrnehmen, sofern sie nicht das Gewaltmonopol tangieren. Letzteres wird nur berührt, wenn physischer Zwang ausgeübt, d.h., die freie Willensentschließung und -betätigung ausgeschlossen wird. Ein dezentes, kurzes Beobachten stellt aber noch keinen physischen Zwang dar, sodass es auch von Privaten ausgeübt werden darf.
Allerdings darf der Staat, in diesem Fall die Luftsicherheitsbehörde, sich nicht seiner Grundrechtsbindung entziehen, indem er die Wahrnehmung seiner Aufgaben an Privatpersonen auslagert. Daher müssten auch private Sicherheitsdienstleister, die keinen Beliehenenstatus innehätten, während der Observation die Grundrechte der Passagiere achten und insbesondere den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz wahren. Andernfalls laufen sie Gefahr, insbesondere das Diskriminierungsverbot und die allgemeinen Persönlichkeitsrechte der Betroffenen zu verletzen.
Zu Recht wirft der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in seinem Tätigkeitsbericht zum Datenschutz aus den Jahren 2011 und 2012 diesbezüglich Zweifel an der rechtlichen Zulässigkeit dieses Verfahrens auf und fragt: „Ist es überhaupt möglich, jedem Passagier objektiv nachvollziehbar ein Risiko […] zuzuschreiben, ohne zu diskriminieren oder gegen Persönlichkeitsrechte zu verstoßen?“
PraxishinweiseSollte das verhaltensorientierte Profiling in Deutschland also zum Einsatz kommen, wäre unter rechtlichen Aspekten vor allem Folgendes zu beachten:
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Quellen
- Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (Hrsg.) Tätigkeitsbericht zum Datenschutz für die Jahre 2011 und 2012. 24. Tätigkeitsbericht, Bonn, S. 41.2013.
- Niggl, Peter: Ein „Weiter So“ kann es nicht geben. Die 5. Luftsicherheitstage in Potsdam mit Rekordbeteiligung, in: DSD. Der Sicherheitsdienst, 65. Jg. (1), S. 9f., 2013;
- Stober, Rolf: Öffentliche und private Sicherheit. Grundlagen der öffentlichen und der privaten Sicherheit, in: Stober, Rolf et al. (Hrsg.): Managementhandbuch Sicherheitswirtschaft und Unternehmenssicherheit, A, Rn. 72, 2012.