Kurz vor Weihnachten brachen in Juba, der Hauptstadt Südsudans, Kämpfe aus, die rasch auf große Teile des Landes übergriffen und weiterhin andauern. Heftige Auseinandersetzungen wurden in Militärlagern an den Stadträndern auch mit schweren Waffen ausgetragen. Am Morgen des 16. Dezember wurde die Bevölkerung von Mörserfeuer und Salven schwerer Maschinengewehre geweckt. Insgesamt drei Tage wütete der Auftakt des de facto Bürgerkriegs in Juba.
Vor allem die Nächte mit ständigen Schusswechseln in den Straßen des Stadtzentrums, verunsicherten die International Community so sehr, dass unverzüglich Evakuierungsoperationen seitens der USA und der westeuropäischen Staaten eingeleitet wurden. Die Bundeswehr flog deutsche Staatsbürger am Freitag, den 20. Dezember, in zwei Maschinen aus. Angesichts der noch andauernden Kämpfe im Land, war die Entscheidung der Bundesregierung grundsätzlich richtig, schnell und wurde konsequent umgesetzt.
In den Medien stand vor allem das erfolgreiche Ergebnis dieser Aktion im Vordergrund: 98 deutsche Bürger wurden ohne Verluste in Sicherheit gebracht. Um Lehren für das Sicherheitsmanagement in Risikoländern zu ziehen, lohnt sich aber durchaus eine differenziertere Betrachtung.
Maßnahmen- und Lageanalyse
Aus Sicht professioneller Sicherheitsberatung vor Ort stellte sich die Krisenlage – hier eine Kurzanalyse – wie folgt dar:
- Die Krise brach unvermittelt mit einem Ausmaß an Gewalt aus, dass selbst erfahrene Landeskenner kurz zuvor keine Indizien dafür erkennen konnten. Überraschend war dabei nicht, dass es im Südsudan zu bewaffneten Auseinandersetzungen, insbesondere aufgrund von Stammeskonflikten, kam. Vielmehr schockierte, dass sich über Nacht das gesamte staatliche Gefüge, insbesondere die Armee, in zwei Lager spaltete. Dementsprechend muss an dieser Stelle eingeräumt werden, dass sämtliche Frühwarnsysteme, sowohl staatliche als auch privatwirtschaftliche, diesbezüglich ihre Grenzen aufgezeigt bekamen.
- Umso mehr bewahrheitete sich die These, dass Vorbeugen besser als Nachsorge ist. Schon vor der Krise war Juba kriminalitätsbedingt für internationale Gäste kein sicheres Pflaster. Leider zeigte sich dem örtlichen Beobachter, dass viele Firmen nur auf vor Ort geheuerte Wachschutzfirmen vertrauen. Diese sind zwar mehr oder weniger gut für klassische Wach- und Schließdienste einsetzbar, mit professionellem Krisenmanagement sind sie jedoch überfordert.
- Auch wenn die Entscheidung westlicher Staaten, schnell zu evakuieren, zügig umgesetzt wurde, so wäre die Dauer von bis zu fünf Tagen bei einem anderen Krisenverlauf unter Umständen deutlich zu lange gewesen. Staatlich organisierte Evakuierungen bedürfen zunächst einer politischen Entscheidung und benötigen eine aufwändige organisatorische Vorbereitung. Denn sie sind in der Regel als Rettungsmaßnahme für eine große Zahl von Staatsbürgern vorgesehen.
- Selbst die staatlich organisierten Evakuierungen bestanden für Juba im Kern nur aus dem Angebot, Sonderflüge, seien sie militärischer Natur oder kommerziell gechartert, in Anspruch nehmen zu können. Die eigentlich kritische Phase, der Transfer zum Flughafen, mussten die deutschen Bürger selbst bewältigen. Auch hier muss der Wert eines professionellen Sicherheitsmanagers für die Koordination eines gesicherten Transportes unterstrichen werden.
- Glücklicherweise war zum Zeitpunkt der Evakuierungen wieder Ruhe in der Hauptstadt eingekehrt. Insbesondere war der Flughafen bereits wieder geöffnet und der kommerzielle Flugbetrieb aufgenommen worden. Demzufolge stellte sich für viele der zu Evakuierenden tatsächlich die Frage, ob ein Ausfliegen mit der Luftwaffe zum gegeben Zeitpunkt noch sinnvoll wäre, zumal jeder Passagier nur ein Notgepäck von 10 kg mitnehmen durfte. Mit der Unsicherheit im Nacken, vielleicht die letzte Möglichkeit des Ausfliegens zu verpassen, entschieden sich fast alle Deutschen zu Recht für die Evakuierung. Auch an dieser Stelle bietet ein professionelles Sicherheitsmanagement mit eigenen Extraktionskapazitäten eine flexible Alternative. Dies umso mehr, wenn es nicht nur einzelne Expatriaten betrifft, sondern gar eine ganze Belegschaft.
Die Lage in Juba ist seither relativ ruhig, aber stets volatil. Durch die unzureichende Sicherheit sind zahlreiche Geschäftsaktivitäten mit internationalen Partnern zum Erliegen gekommen. Eine ungünstige Situation für Unternehmen, die, wirtschaftlich betrachtet, den risikobehafteten Schritt in das junge Land getan haben. Aber auch eine besondere Chance für Unternehmen, die auf Grundlage eines professionellen Sicherheitsmanagements, die Kontinuität ihrer Geschäftsaktivitäten als entscheidenden Marktvorteil gegenüber der Konkurrenz aufrechterhalten können.
Praxishinweise
- Unternehmen sind gut beraten, wenn sie ihren Mitarbeitern in einem solchen Umfeld vorbeugend ein funktionierendes Sicherheitspaket zur Verfügung stellen.
- Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter schnelle Hilfe benötigen, möglichst in einem Zeitfenster von 24 Stunden (als Beispiele seien Krankheiten und Verwundungen genannt), sind zwingend auf kommerzielle Sicherheitsdienstleister mit einem weltweiten Netzwerk angewiesen.
- Auch die Sicherheit auf Transportwegen darf nicht außer Acht gelassen werden.
- Nicht zu vergessen, ist Unternehmen zu raten, aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen ein Business Continuity Management für Krisensituationen vorzuhalten und dies in professionelle Hände zu legen.