Karneval der Kulturen – ein Großereignis verbindet die unterschiedlichsten Kulturen in Berlin
In diesem Jahr feierte im Mai der Karneval der Kulturen sein 20. Jubiläum. Migrantenorganisationen und Karnevalinitiativen haben dazu beigetragen, eines der größten Events der Hauptstadt zu schaffen. In diesem Jahr nahmen an der viertägigen Veranstaltung über eine Million Besucher teil. Zu der Veranstaltung gehören ein mehrtägiges Straßenfest und ein Karnevalsumzug auf einer 3,3 km langen Wegstrecke am Pfingstsonntag durch Kreuzberg.
Um einen möglichst friedlichen und störungsfreien Veranstaltungsverlauf zu gewährleisten, hatte der Veranstalter bereits in der Vergangenheit ein Sicherheitskonzept erarbeitet. Mit der steigenden Anzahl der Besucher haben sich jedoch die Sicherheitsanforderungen wesentlich verändert, so dass eine grundlegende Überarbeitung erforderlich wurde.
Evaluation des Karnevals der Kulturen 2014 und Risikoanalyse
Durch einen extern betreuten Workshop im Nachgang des Karnevals der Kulturen 2014 wurden vor dem Hintergrund der folgenden Veranstaltungsplanung und -durchführung der nächsten Jahre mögliche Gefahrenpotentiale identifiziert und nach Lösungsansätzen gesucht. Hierbei handelte es sich im Einzelnen um folgende Aspekte bzw. Risiken:
- Die Veranstaltungsfläche ist aufgrund der örtlichen Lage begrenzt und nur unter Beeinträchtigung des Straßenverkehrs erweiterbar. Bedingt durch das zunehmend steigende Besucheraufkommen und der Forderung nach einem unkontrollierten Zutritt zum Straßenfest, bestand die Gefahr der Überfüllung.
- Aufgrund der dadurch resultierenden fehlenden Beschränkung der Besucherzahlen, war die Personendichte auf dem Straßenfest, insbesondere am Tag des Karnevalsumzugs, sehr hoch.
- Zur Information der Besucher waren nur an einigen Bühnen auf dem Straßenfest Beschallungssysteme vorhanden. Auf der Wegstrecke des Umzugs war keine Kommunikation mit den Teilnehmern und Besuchern möglich.
- Der Hausrechtsbereich war für Dritte nicht eindeutig erkennbar. Auch wurden die verbotenen oder nicht zugelassenen Gegenstände nur unzureichend an den Veranstaltungstagen kommuniziert.
- Es fehlte an einem Besucherleitsystem.
- Innerhalb des Veranstaltungsbereichs galt ein Ausschankverbot in Glasbehältnissen, sofern nicht besondere Umstände diesem entgegenstanden. Allerdings bildeten sich regelmäßig um das Veranstaltungsgelände „illegale Partys“ mit dem Verkauf von Glasflaschen. Insofern bestand weiterhin die Verletzungsgefahr durch Glasscherben, die durch mitgebrachte Glasflaschen verursacht wurden.
- Bedingt durch die illegalen Partys im Umfeld des Straßenfestes, mussten auch die Not- und Rettungswege der öffentlichen Flächen um den Veranstaltungsraum freigehalten werden.
- Die Fläche des Straßenfestes war in den Abendstunden nicht ausreichend für die Sicherheitskräfte beleuchtet.
- Verbesserung der Wagensicherung während des Straßenumzugs.
Sicherheitsgespräche
Im Vorfeld der Veranstaltung wurde vor Beginn der Erarbeitung des Sicherheitskonzeptes die Genehmigungsbehörde, alle verantwortlichen Vertreter der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben sowie die Vertreter des Öffentlichen Personennahverkehrs mit den identifizierten Risiken konfrontiert und mögliche Lösungsansätze besprochen. In mehreren Sitzungen ist ein konsensuales Rahmensicherheitskonzept entstanden, welches den Sicherheitsanforderungen für eine Großveranstaltung Rechnung trägt und ein größtmögliches Maß an Sicherheit gewährleistet.
Praxishinweise:
- Eine Vergrößerung der Veranstaltungsfläche bedeutet nicht zugleich, dass diese auch mehr Besucher aufnehmen kann. Es sind zwingend die örtlichen Verhältnisse, Besucherströme und die Akzeptanz der Flächen durch die Besucher zu berücksichtigen.
- Einfriedungen von Veranstaltungsflächen und Zugangskontrollen sind ein probates Mittel der Besucherbegrenzung und Kontrolle von verbotenen Gegenständen. Hierbei sollte jedoch auch der Charakter der Veranstaltung, deren Entwicklung sowie mögliche Flucht- und Rettungswegproblematik berücksichtigt werden. Nicht jede Einfriedung einer Veranstaltung erhöht auch deren Sicherheit.
- Besucherleitsysteme können mit der Flucht- und Rettungswegkennzeichnung kombiniert werden. Der Einsatz von Informationstürmen, die eingefriedet sind, bietet die Möglichkeit über den Veranstaltungsablauf, die Hausordnung sowie verbotenen bzw. nicht zugelassene Gegenstände ausreichend zu informieren.
- Bei Großveranstaltungen können nicht alle Verstöße im Umfeld eines Straßenfestes kontrolliert werden. Daher sollte nach Alternativen zur Risikominimierung gesucht werden. Durch Pfandsysteme für einen wohltätigen Zweck und Zwischenreinigungen der Veranstaltungsfläche lassen sich Glasabfälle und Gefahren reduzieren.
- Bei Karnevalsumzügen sollte die Wagensicherung nicht ausschließlich durch Sicherheitspersonal erfolgen, sondern auch die Akteure sollten sich beteiligen, um somit ein größeres Verständnis und eine höhere Akzeptanz zu erzielen. Sicherheitspersonal kann jedoch für das Freimachen der Wegstrecke und für die Kommunikation zur Einsatzleitzentrale erforderlich sein.
- Die Hausordnung ist auch bei nicht eingefriedeten Veranstaltungsflächen deutlich und sichtbar auf Plakaten an den Zugangswegen anzubringen, um diese im Einzelfall auch rechtssicher durchsetzen zu können.
- Besonders gute Erfahrungen gibt es inzwischen bundesweit mit der Einrichtung von Koordinierungsstellen. Diese dienen zum Informationsaustausch zwischen Veranstalter, Sicherheitsdienst, Technik, Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst und Verwaltung. Sie sollte während der Veranstaltung dauerhaft mit Vertretern besetzt sein, die auch entscheidungsbefugt sind.