Sicherheit

Gericht: Beschattung durch verdeckte Ermittler war rechtswidrig

© stokkete

Der Einsatz eines verdeckten Ermittlers in der Heidelberger „Linken Szene“ vor fünf Jahren war rechtswidrig. Dieses Urteil sprach das Verwaltungsgericht Karlsruhe nach einem mehrere Jahre andauernden Verfahren. Sieben Kläger hatten sich 2011 an das Verwaltungsgericht gewandt, nachdem der Polizeibeamte Ende Dezember 2010 enttarnt worden war. Allen sieben Klägern gab das Verwaltungsgericht nun Recht. Weder die formellen noch die inhaltlichen Voraussetzungen für den Einsatz eines Verdeckten Ermittlers hätten vorgelegen.

Deckname „Simon Brenner“

Verdeckte Ermittler sind bekanntlich Polizisten, die unter einer „Legende“ ermitteln. Im Heidelberger Fall sollte der eingesetzte Polizeibeamte mit dem Decknamen „Simon Brenner“ mehrere studentische Initiativen aushorchen. Er gab vor, ebenfalls Student zu sein und engagierte sich bei politischen Aktionen.

Der Einsatz eines verdeckten Ermittlers ist allerdings nur zulässig zur Aufklärung von „Straftaten von erheblicher Bedeutung“, wie es im Gesetz heißt. Gemeint sind insbesondere Delikte aus dem Bereich Organisierte Kriminalität oder Rauschgiftdelikte, aber auch Staatsschutzdelikte.

Antifaschistische Initiative

Die Polizeidirektion Heidelberg hatte den Einsatz des Polizeibeamten als Reaktion auf den Anstieg der Fallzahlen linksmotivierter Straftaten im Südwesten gerechtfertigt.

Ins Visier der Polizei gerieten unter anderem die Antifaschistische Initiative Heidelberg und die Anarchistische Initiative Kraichgau-Odenwald, bei der Molotow-Cocktails sichergestellt wurden. Weil einer der Kläger bei einer Demonstration bei einer der Initiative zugerechneten Person stand, setze die Polizeidirekten den verdeckten Ermittler auf ihn an.

Laut Urteil zu Unrecht. Vor allem konnte das Land nicht nachweisen, dass vom Kläger eine konkrete Gefahr ausgegangen wäre und dass eine konkrete Verbundenheit des Klägers mit der Anarchistischen Initiative bestanden hätte.

Ungerechtfertigter Grundrechtseingriff

Auch den sechs weiteren Klägern bescheinigten die Richter, dass sie unrechtmäßig beschattet wurden. Das Land hatte argumentiert, der Einsatz des Verdeckten Ermittlers sei nicht gegen sie gerichtet gewesen. Im Verfahren konnten aber die Kläger die Richter davon überzeugen, dass sie intensiven Kontakt mit dem Ermittler hatten. Daran, dass der Verdeckte Ermittler über sämtliche Kläger persönliche Daten erhoben hatte und an das Landeskriminalamt weitergab, hatten die Richter schließlich keinen Zweifel mehr. Mangels rechtmäßiger Anordnung werteten sie den Einsatz als ungerechtfertigten Grundrechtseingriff. Die Entscheidungen sind noch nicht rechtskräftig (Az. 4 K 2107/11 u.a.).

Sperrerklärung des Innenministeriums

Grund für die lange Dauer des Gerichtsverfahrens war ein Streit über die Freigabe von Akten zu dem Fall. Entscheiden konnte das Verwaltungsgericht nämlich erst nach einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über die entsprechende Sperrerklärung des Innenministeriums. Diese erklärten die Richter aus Leipzig in ihrem Beschluss in weiten Teilen für rechtswidrig (Az. 20 F 5.13).