In der Silvesternacht beginnt das neue Jahr 2016 für zahlreiche Frauen in Köln, Hamburg, Bielefeld und zwei 18-jährigen Frauen in Stuttgart mit Überfällen, Beschimpfungen und brutalen sexuellen Übergriffen. Besonders die Tat in Köln sorgt für Entsetzen, denn dort ging die Gewalt aus einer männlichen Gruppe von grob geschätzt 1.000 Personen aus. Während die Berichterstattung in überregionalen Medien erst am 4. Januar 2016 einsetzte, wurde vor allem in sozialen Netzwerken von den gewalttätigen Übergriffen berichtet.
Das Flashmob-Prinzip
Es muss ein Aufruf, oder eine Verabredung zu diesen Taten gegeben haben. Gerade in Köln fanden sich die Personen, die von der Polizei mit grob 1.000 beziffert wird, am Kölner Hauptbahnhof und auf der Kölner Domplatte zusammen. Und auch wenn nicht alle 1.000 Personen aktiv gewaltausübende Täter waren, bleibt die Tatsache, dass der übrige Teil nichts unternahm, diese an ihren Schandtaten zu hindern, sondern wohl zu großen Teilen Frauen ebenfalls beschimpfte, Silvesterraketen auf Polizisten und Passanten abfeuerte, den Einsatz der Polizei behinderte usw. Insofern muss sowohl von einem Vorsatz, ein friedliches Silvester nachhaltig zu stören ausgegangen werden, der die vielen jungen Männer in Köln zusammenführte; nach Meinungen der Polizei aus einem erweiterten Einzugsgebiet der Bundesrepublik. Dass die Tätlichkeiten alleine aufgrund von Alkohol- und möglicherweise Drogenkonsum und daraus folgender Enthemmung stattfanden, ist angesichts der Täterzahlen und auch den unterschiedlichen Tatorte nicht plausibel.
In Hamburg ereignete sich die Gewalt mit einer geringeren Täterstärke und mehreren Gruppen, jedoch nach dem gleichen Schema: Frauen wurden von allen Seiten belästigt. Ein Zeuge berichtet, dass wie auf Kommando die Männer aus allen Richtungen auf jeweils eine Frau oder eine Frauengruppe zugerannt seien und sie so in die Mangel genommen haben. Zum Teil hätten sie sie geschlagen, angefasst (auch im Intimbereich), geküsst, an den Haaren gerissen, versucht sie auszuziehen etc. Dabei wurden nicht alle Frauen ausgeraubt, vielen wurden jedoch Geldbörsen und Mobiltelefonen entwendet. In Stuttgart wurden zwei 18-jährige Frauen massiv sexuell belästigt, ihnen wurde physische Gewalt angetan und sie wurden ausgeraubt, in Bielefeld waren es mehrere Gruppen junger Männer, die wahllos Frauen angegangen sind. Schließlich hätten über 100 Männer versucht, sich Zutritt in einen Club zu verschaffen.
Die Ethnien werden von den Geschädigten in den genannten Städten ausschließlich als arabische und nordafrikanische beschrieben; das zur Verfügung stehende Material aus Handyfilmen, etc. bestätigt diesen Eindruck.
Bezeichnung Organisierte Kriminalität verkennt die Motivation
Der Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete die Übergriffe insbesondere in Köln als Organisierte Kriminalität (OK). Die Taten waren kriminell und die Durchführung war keine spontane Reaktion einer heterogenen, zufälligen Personenkonstellation, sie erfolgte auf Verabredung und war damit geplant. Die begriffliche Einordnung von Maas´ impliziert gemäß § 129 StGB, dass die Motivation eine rein finanzielle gewesen sei. Vereinzelt schlossen sich Medienvertreter und Politiker dieser Ansicht an: Die Täter hätten die Frauen ausrauben wollen, die sexuelle Nötigung sei lediglich Mittel zur Ablenkung und somit zum Zweck gewesen. Zudem gab es auch vereinzelt Anzeigen von Männern, die ebenfalls vor Ort das Handy geklaut bekamen. Zum einen wurde jedoch nicht jede attackierte Frau bestohlen und zum anderen erscheint ein derartiger verabredeter Menschenauflauf, für einen organisierten Raub unverhältnismäßig und nur wenig plausibel.
Dennoch ist die Bezeichnung dieser Angriffe als Organisierte Kriminalität inhaltlich wie kriminologisch falsch. Denn die gezielte Gewalt gegen Frauen hatten neben der sexuellen Komponente auch eine regelrecht rassistische – gerade in Köln am Dom zudem mit deutlichen Symbolcharakter. Frauen berichten, dass die Männer arabisch oder französisch sprachen – bis auf Schimpfwörter wie „Schlampe“, „Hure“ und dergleichen. Diese Attacken sind als praktizierte Hassgewalt gezielte Angriffe auf die Würde der Frauen in einer Demokratie und damit auf das Frauen- und Gesellschaftsbild Deutschlands. Diese Männer kommen aus patriarchalischen Gesellschaften, aus denen sie ein Frauenbild und eine Rechtsauffassung mitbringen, die sie auch hier durchsetzen wollen.
Ein weiterer Begriff, der in diesem Zusammenhang fiel, ist „Rape Jihad“. Dieser beschreibt die Tat als sexuelle Gewalt mit eindeutig islamistischer Motivation und sollte in seiner Absicht als Möglichkeit betrachtet werden, da beispielsweise Muslimbrüder in Ägypten gerade während der Proteste auf dem Tahrir-Platz in Kairo während des Arabischen Frühlings 2011 ähnlich vorgingen, um die Bewegung von stark auftretenden und organisierten Frauen, die ihren Wunsch nach Emanzipation äußerten, zu zerstören. Auch wenn die Tat weniger religiös als aus kulturellen Anschauungen heraus motiviert war, kann dies nicht isoliert von den Einflüssen der tradiert-sunnitischen Religion betrachtet werden.
Insofern ist die Bezeichnung der Tat durch Frauenrechtlerin Alice Schwarzer als „Terrorakt“ angemessener, denn sie demonstriert die Absicht, das bestehende Gesellschaftssystem in Deutschland mit Gewalt zu verändern. Es war vor allem eine Machtdemonstration basierend auf einer alles rechtfertigenden Moral- und Ehrvorstellungen, die es in dieser Form in Europa zuvor nicht gegeben hatte. Entsprechend verkennt die Bezeichnung dessen als Organisierte Kriminalität gerade diesen Wesenszug in einer regelrecht herablassenden Art und Weise.
Maßnahmen zur Wiederherstellung des Sicherheitsempfindens
Während Regierungspolitiker unisono die „Härte des Rechtsstaates“ als Reaktion postulierten, bleibt die Frage, wie diese Härte konkret aussehen soll. Denn gerade wenn die Einschätzung der Tat als Akt von OK und/oder Massenenthemmung durch Alkohol gewertet wird, sind die darauf aufbauenden Maßnahmen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zielführend. Zudem sieht auch die Polizei nur wenige Möglichkeiten, auch nur einer nennenswerten Anzahl der aktiven Täter habhaft zu werden. Diese dann noch einer Verurteilung zuzuführen, ist noch unwahrscheinlicher. Besonders dieser Umstand macht eine gravierende Schwäche des Rechtsstaates offensichtlich, die wiederum zu Angst und Wut in der deutschen Bevölkerung führt. Entsprechend bedarf es zwingend des politischen und sichtbaren Eingreifens.
Die Souveränität des Staates bedarf einer Demonstration. Damit dies nicht lediglich als unmittelbarer Aktionismus kritisierbar ist, dürfen sie nicht nur kurzfristig, sondern müssen vor allem nachhaltig angelegt sein:
- Grenzsicherungspolitik: Eine zwingende Maßnahme ist die Wiederherstellung des rechtsstaatlichen Kontrollverfahrens bei den ankommenden Menschen mit dem Begehren nach Asyl und Einwanderung. Die weitere Aussetzung dessen hat nach den Interventionen der Bundesregierung zur Verringerung der Zahl von Neuankömmlingen auch politisch keinerlei Grundlage. Neueste Meldungen, wonach es sich nun doch bei kontrollierten Personen um Asylsuchende handelt, die erst seit kurzem in Deutschland sind, machen eine Verweigerung dessen zudem völlig unverständlich.
- Polizeiliche Maßnahmen: Eine wahrnehmbare Erhöhung der Polizeipräsenz an neuralgischen Punkten und eine drastische Steigerung von Personenstandskontrollen. Die Polizei versucht bereits, mehr Personen für gezielte Ermittlungsgruppen zur Verfügung zu stellen (sowohl im Fall sexueller Übergriffigkeit, als auch gegen Tätergruppen, die seit geraumer Zeit in sehr großen Banden gezielt Diebstahl und Raub begehen). Hierzu bedarf es zwingend der Aufstockung der Polizeikräfte. Dabei geht es sowohl um kurz- als auch um langfristige Maßnahmen. Denn die Ausbildung zum Polizisten im gehobenen Dienst bedarf drei Jahre duales Hochschulstudium. An diesen Standards und auch an den Einstellungskriterien darf nicht gerüttelt werden, sonst verliert die Ausbildung als Fundament des Polizeiberufes ihre Qualität. Allerdings stellt sich die Frage in einigen Ländern nach Wiedereinführung des mittleren Dienstes, sowie Aufgabenübertragungen der Polizei (z.B. im Bereich des Objektschutzes). Hier ist der Stand der einzelnen Bundesländer völlig unterschiedlich. Damit für dieses Problem ein guter Kompromiss gefunden wird, sollten zwingend die Polizeigewerkschaften und Vertretungen (GdP, DPolG und der BDK) für eine zukunftsorientierte Weichenstellung involviert werden. Denn unstrittig ist, dass zwingend Handlungs- und vor allem auch Investitionsbedarf besteht. Zudem bedarf es der unbedingten politischen Rückendeckung. Eine solche zeigt sich eben nicht durch eine pauschale Kritik des Bundesinnenministers an der Polizei als Exekutive.
- Prüfung verschärfender Auswirkungen von Straftaten auf das AufenthG und auf das Asylverfahren: Gem. § 60 Abs. 8 findet das Verbot der Abschiebung nach § 60 Abs. 1 keine Anwendung, „wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt“. Hier muss die Frage gestellt werden, ob eine Absenkung der Freiheitsstrafe auf 1 Jahr nicht ausreichend ist, wenn die Tat geeignet ist, den öffentlichen Frieden intensiv zu stören oder zu verletzen oder wenn die Einreise aus Gründen des Asyls durch Falschangaben missbraucht wurde. Zudem muss europaweit eine Vorgehensweise für Personen gefunden werden, die ohne Papiere einreisen bzw. als staatenlos gelten. Denn völkerrechtlich besteht bei Staatenlosen nur eine Verpflichtung, die eigenen Staatsangehörigen zurückzunehmen, eine Abschiebung mangels aufnahmebereiten Staates ist regelmäßig nicht möglich. Hier gilt es, sehr genaue und transparente Aufnahmekriterien zu definieren, auf deren Basis die Einreise direkt verweigert werden kann. Denn Abschiebeverfahren sind komplizierte Rechtsakte, gegen deren Bescheidung Rechtsmittel eingelegt werden können. Entsprechend ziehen sie sich lange hin und binden Personal.
- Sofortangebote für die Opfer: Neben solchen Maßnahmen ist es immanent wichtig, die Opfer aufzufangen und ihnen neben der tatsächlichen und unbedingten Solidarität durch Gesellschaft und Politik, schnell Hilfsangebote der Beratung, aber möglichst auch einer Gruppentherapie und Seelsorge zukommen zu lassen. Es ist Aufgabe der Städte, dies umgehend zur Verfügung zu stellen und gegenüber mehr oder weniger angemessen Verhaltenstipps für potentielle Opfer vorrangig.
Fazit: Der Beginn eines schwierigeren und wichtigen Diskussionsprozesses
Die Stimmung in Deutschland ist fragil. Die Gewalttaten haben Wut und vor allem Angst hervorgerufen. Die Verbindung dieser Tat mit der Flüchtlingskrise und der politischen Haltung und dem Krisenmanagement der Bundesregierung sind zwingend.
Neben der Qualität der Übergriffe in Köln ist allerdings auch neu, dass Menschen in Deutschland und vor allem Opfer und Zeugen das bundesweite und sogar internationale Interesse durch das Internet und insbesondere soziale Netzwerke regelrecht erzwungen haben. Das ist nahezu revolutionär und befeuert eine schonungslosere öffentliche Debatte, als sie noch vor wenigen Wochen denkbar gewesen wäre. Zwar bewegt sich diese oft zwischen dem Extrem der Ausschlachtung der Tat zum Zwecke der Asylfeindlichkeit einerseits und dem generellen Misstrauen gegenüber Migranten andererseits.
Nicht für jedes Problem in der Debatte um Migration und Kriminalität gibt es eine Lösung. Die Probleme deswegen jedoch zu leugnen oder zu ignorieren bedeutet einen immensen Vertrauensverlust in den deutschen Staat, der unmittelbar mit dem Risiko von Radikalisierungsprozessen korreliert. Denn die Gefährdung einer Radikalisierung der sogenannten „bürgerlichen Mitte“, die sich unverstanden und in ihren Ängsten kriminalisiert fühlt und gleichzeitig immer mehr in ihrem Verdacht der Tabuisierung von Gewalt durch Migranten und Asylsuchende bestätigt sieht, ist in ihrer Entwicklung abzusehen. Umso wichtiger sind ein offener Umgang mit den Problemen und Risiken und ein echter Dialog.