Sicherheitskonzepte

Public-Viewing während EURO 2016 – Was muss beachtet werden?

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Die UEFA EURO 2016 läuft auf Hochtouren. Die deutsche Nationalmannschaft startete am vergangenen Sonntag mit dem Spiel gegen die Ukraine siegreich in das Turnier. Spätestens seit der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland sind bei Fußball-Großereignissen Public-Viewings nicht mehr wegzudenken. Für Veranstalter stellt sich dabei regelmäßig die Frage, welche Genehmigungen für eine solche Veranstaltung eingeholt werden müssen. Werden Genehmigungen der UEFA für die TV-Übertragung benötigt? Benötigen Veranstalter eine GEMA-Lizenz? Welche öffentlich-rechtlichen Genehmigungen sind erforderlich? Können bei der Bewerbung des Events Marken- oder Wettbewerbsverletzungen begangen werden? Wir beantworten im Folgenden die wichtigsten Fragen.

Verordnung zur EM 2016 – Public Viewing auch nach 22.00 Uhr erlaubt

Public-Viewing wird auch in diesem Jahr bei allen Spielen der Europameisterschaft bis zum Abpfiff erlaubt sein. Der Bundesrat stimmte am 13. Mai 2016 einer entsprechenden Bundes-Verordnung zu. Die Verordnung sieht für den Zeitraum des Turniers (10. Juni bis 10. Juli 2016) Ausnahmen von den geltenden Lärmschutz-Regeln vor, so dass öffentliche Fernsehübertragungen während der Europameisterschaft auch nach 22.00 Uhr genehmigt werden können. Die Ausnahmeregelung ist aus Sicht des Bundes nötig, da die geltenden Lärmschutzstandards aufgrund der späten Anstoßzeiten an vielen Orten ansonsten nicht hätten eingehalten werden können.

Normalerweise gelten in allgemeinen Wohngebieten folgende Richtwerte für Freizeitlärm: Bis 20 Uhr: 55 dB(A); 20 bis 22 Uhr: 50 dB(A); nach 22 Uhr: 40 dB(A) Für sogenannte seltene Ereignisse (10 pro Jahr) gelten folgende erhöhte Immissionsrichtwerte: Bis 20 Uhr: 70 dB(A), 20 bis 22 Uhr: 65 dB(A), nach 22 Uhr: 55 dB(A). Bei Public-Viewing-Veranstaltungen kann man schätzungsweise von 65 dB(A) ausgehen. Ohne Verordnung und Sondererlaubnis hätte dieser Wert ansonsten ein Verbot zur Folge.

Mit der Verordnung wird dem Umstand der besonderen Bedeutung der Public-Viewing-Veranstaltungen Rechnung getragen. Damit wird den Public-Viewing-Veranstaltungen ein besonderer Vorrang vor dem Ruhebedürfnis der Anwohner eingeräumt. Dennoch wird für Anwohner ein akzeptabler Mindestschutz sichergestellt. Die gesamte Verordnung ist unter unten stehendem Link „Verordnung zur EM 2016“ abrufbar.

Public-Viewing muss beantragt werden!

Unabhängig von der Verordnung gilt jedoch weiterhin, dass der Veranstalter dazu verpflichtet ist, das Public-Viewing zunächst bei der zuständigen kommunalen Behörde zu beantragen. Veranstalter sollten sich daher zunächst an die örtlichen Umwelt- oder Ordnungsämter wenden. Die Ordnungsämter müssen dann im jeweiligen Einzelfall zwischen der Nachtruhe einerseits und dem öffentlichen Interesse an den Spielen der Euro 2016 andererseits abwägen. Ob tatsächlich in jedem Einzelfall aber auch eine Ausnahme gerechtfertigt ist und zugelassen wird, ist damit noch nicht entschieden. Vielmehr steht die Zulassung einer Ausnahme im Ermessen der zuständigen Behörden. Es besteht kein Anspruch auf die Zulassung einer Public-Viewing-Veranstaltung!

Das Ordnungsamt muss bei seiner Abwägung das Publikumsinteresse, die Abstände zu Wohnbebauung und schutzbedürftigen Einrichtungen, die Sensibilität des Umfelds, Maßnahmen zur Lärmminderung sowie Umfang, Anzahl und Aufeinanderfolge der zugelassenen Ausnahmen berücksichtigen.

Welche Genehmigungen oder Lizenzen benötigen Veranstalter von Public-Viewing-Events?

Zunächst gilt, dass Veranstalter von Public-Viewings keine Lizenzen benötigen, sofern von den Besuchern kein Eintrittsgeld verlangt wird. Zwar fordert die UEFA als Veranstalter der EURO 2016, dass sich Veranstalter von gewerblichen Public-Viewings Lizenzen dazu bei der UEFA einholen, allerdings richtet sich Frage, ob ein Public-Viewing lizenzpflichtig ist oder nicht, nicht nach den Regelungen der UEFA, sondern nach deutscher Gesetzeslage. Die UEFA-Regularien werden nur für die Veranstalter verbindlich, die sich bei der UEFA eine Lizenz haben einräumen lassen. Das UEFA Reglement finden Sie unter unten stehendem Link „UEFA Reglement“.

Für alle anderen gilt: Public-Viewings lassen sich durch die UEFA nicht per se verbieten. Dazu gibt es in Deutschland schlicht keine Gesetzesgrundlage. Vielmehr gilt für Public-Viewing-Veranstaltungen und eventuell notwendige Lizenzen ausschließlich das deutsche Urheberrecht, denn Veranstaltern von Sportereignissen, wie der UEFA, wurde gesetzlich kein eigenes ausschließliches Recht an ihrer Veranstaltung eingeräumt, welches es ihnen ermöglichen würde, jedwede Form der Verwertung zu unterbinden.

Bei Eintrittsgeld ist eine Sendelizenz notwendig

Ein ausschließliches Recht hingegen besitzen die Sendeunternehmen, die die Europameisterschaft im Fernsehen übertragen. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) haben Sendeunternehmen das ausschließliche Recht, an Stellen, die der Öffentlichkeit nur gegen Zahlung eines Eintrittsgeldes zugänglich sind, ihre Funksendung öffentlich wahrnehmbar zu machen. Auf die Frage, ob es sich dabei um eine gewerbliche oder eine nicht gewerbliche Veranstaltung handelt, kommt es nicht an.

Sendeunternehmen können die öffentliche Wahrnehmbarkeit ihrer Sendungen nicht grundsätzlich verbieten, sondern nur dort, wo die Ausnutzung der von ihr erbrachten Leistungen gegen Entgelt erfolgt. Das heißt: Ein Public-Viewing-Event beispielsweise am Brandenburger Tor in Berlin wäre eine lizenzpflichtige Veranstaltung, wenn zum Veranstaltungsraum ein Zutrittsgeld verlangt würde. Hingegen wäre die Veranstaltung am Brandenburger Tor nicht lizenzpflichtig, wenn der Zutritt kostenfrei wäre.

Für Gaststätten, Biergärten oder Veranstaltungen auf öffentlichen Plätzen bedeutet dies, dass, sofern Eintrittsgelder verlangt werden, das ausschließliche Recht an der Übertragung des gezeigten Fußballspiels der jeweilige übertragende Sender besitzt. Nicht erforderlich ist dabei, dass bereits beim Betreten des Veranstaltungsraums ein Entgelt verlangt wird. Ausreichend wäre es zum Beispiel bereits, wenn beim Bezahlen der verzehrten Speisen und Getränke ein erhöhtes Entgelt verlangt wird. Die Folge: Eine Lizenz wäre notwendig. Allerdings: Die Sendeunternehmen dürfen an ihren Rechten aus § 87 UrhG anderen Nutzungsrechte einräumen und tun dies auch.

Veranstalter sollten sich erfahrungsgemäß diesbezüglich vorab rechtlich beraten lassen, damit die Veranstaltung bereits von Beginn an rechtssicher geplant werden kann.

Recht der öffentlichen Wiedergabe

Sofern weitere urheberrechtlich geschützten Werke Teil der TV-Übertragung sind, so werden regelmäßig neben den Sendeunternehmen auch die Urheber der ausgestrahlten und geschützten Werke ein ausschließliches Recht genießen, ihr Werk bei einer Public-Viewing-Veranstaltung öffentlich wiederzugeben.

Zur Info: Das Fußballspiel selbst ist dabei nicht urheberrechtlich geschützt. Sportereignisse sind keine geistige Schöpfung, deshalb kann ihre Übertragung auch nicht urheberrechtlich geschützt werden. Das hatte der Europäische Gerichtshof in einem Grundsatzurteil zu Exklusivrechten für die Live-Übertragung von Fußballspielen entschieden. Urheberrechtlich geschützt seien lediglich einzelne Teile der Übertragung wie beispielsweise eine Auftaktvideosequenz oder eine Hymne (EuGH-Az. C-403/08 und C-429/08). Auch können andere eingespielte musikalische Einlagen oder Reportagen urheberrechtlichen Schutz genießen.

Sollten geschützte Werke beim Public-Viewing mit übertragen werden – und das wird regelmäßig der Fall sein – so muss der Veranstalter für diese Werke immer auch eine Lizenz beim jeweiligen Urheber erwerben. Nach § 52 UrhG ist eine Lizenz hingegen nicht notwendig und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zulässig, wenn die Wiedergabe keinem Erwerbszweck des Veranstalters dient und die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden. Der Erwerbszweck ist hier, anders als beim Senderecht, unabhängig von einem Eintrittsgeld zu verstehen. Dies muss stets im jeweiligen Einzelfall der Public-Viewing-Veranstaltung geprüft werden.

In der Bundesrepublik Deutschland werden die benötigten Lizenzen zentral von den Verwertungsgesellschaften GEMA oder der VG-WORT vergeben. Veranstaltern ist in jedem Falle anzuraten, eine solche Lizenz einzuholen, selbst  wenn kein Entgelt für die eigene Veranstaltung verlangt wird. Informationen dazu findet man auf Seiten der GEMA unter unten stehendem Link „GEMA_Vergütungssätze“.

Markenrechts- oder Wettbewerbsrechtsverletzungen durch Public-Viewing

Ein weiteres Problem sind mögliche Marken- und/oder Wettbewerbsverletzungen, die Veranstalter begehen können. Veranstalter von Public-Viewing-Events dürfen zunächst einmal selbstverständlich für ihre Veranstaltung werben und zwar auch unter Bezugnahme auf die Europameisterschaft 2016. So dürfen Begriffe wie Europameisterschaft oder auch EM durchaus verwendet werden. Ein Gesetz, wonach jede wirtschaftliche Nutzung, die auf ein Sportereignis Bezug nimmt dem Veranstalter vorbehalten wäre, existiert nicht. Dennoch können schnell geschützte Marken und Logos verletzt werden.

Denn: Veranstaltet wird die Europameisterschaft von der UEFA. Die UEFA besitzt dabei zahlreiche Schutz- und Urheberrechte an Logos, Marken und Trophäen. So sind beispielsweise der offizielle Name UEFA EURO 2016 FRANCE™ oder der offizielle Slogan „Le Rendez-Vous“ geschützte Marken. Auch das Maskottchen oder der EM-Pokal sind geschützt. Es gibt 10 internationale Großkonzerne, die offizieller Sponsor der EM sind. Diese dürfen direkt mit dem eigenen Unternehmen und mit der EM werben. Für alle anderen gilt: Es können schnell geschützte Marken der UEFA verletzt werden, sobald bei der Bewerbung der eigenen Veranstaltung geschützte Marken der UEFA genutzt werden. Die Verwendung von geschützten Markennamen der UEFA ist strikt verboten. Selbst mit „Euro 2016“ darf ohne Lizenz nicht geworben werden.

Hinzu kommt, dass sich derjenige Veranstalter wettbewerbswidrig verhält, der mit Werbung für seine eigene Veranstaltung den Eindruck erweckt, sein beworbenes Public-Viewing-Event sei eine offizielle Veranstaltung der UEFA oder er sei gar offizieller UEFA-Sponsor.

Sollten Veranstalter dennoch ohne die benötigten Lizenzen geschützte Logos oder Marken nutzen, kann dies schnell zu teuren Abmahnungen führen.  Hier ist es sinnvoll, jede Werbemaßnahme vorab durch spezialisierte Rechtsanwälte auf Zulässig- und Rechtmäßigkeit überprüfen zu lassen.