Am 5. März 2021 genehmigte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die neue DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“. Diese löste die DGUV Vorschriften 25/26 („Kassen“) sowie die DGUV Vorschrift 20 („Spielhallen, Spielcasinos…“) ohne Übergangsfrist zum 1. April 2021 ab. Der Geltungsbereich der DGUV Vorschrift 25 erstreckt sich über Kredit-, Finanzdienstleistungs- und Zahlungsinstitute, Spielstätten, Verkaufsstellen sowie Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand, in denen der Versicherte Umgang mit Bargeld, anderen Zahlungsmitteln oder Wertsachen hat.
Grundpflichten des Unternehmers
Bereits im Eingangsparagrafen des Abschnitt Grundpflichten, §3 DGUV Vorschrift 25, kommt der unbedingte Präventionswille der Vorschrift zum Ausdruck. Unternehmer haben nunmehr die Aufgabe, bereits den Anreiz eines Überfalls „nachhaltig“ zu verringern. Die für die jeweiligen Geltungsbereiche erlassenen Konkretisierungsregelungen (vgl. Quellenangabe) führen hierzu auch einzelne Kriterien aus. So ist beispielsweise die Höhe der zu erwartenden Beutesumme ein durchaus sinnig aufgelistetes Kriterium.
Die Einbeziehung eines möglichen Überfalls in die Gefährdungsanalyse der Arbeitsbedingungen des Versicherten ist ebenso vorgesehen wie die Gestaltung der Betriebsstätten unter dem Gesichtspunkt einer nachhaltigen Anreizverringerung. Auch hierzu finden sich deutliche Konkretisierungen in den einzelnen Regelungen der Geltungsbereiche.
Mit der Neufassung wurde auch das Unterweisungsintervall geändert. So waren nach der DGUV Vorschrift 25/26 „Kassen“ neben der kategorischen Unterweisung zu Beginn mindestens zwei weitere Unterweisung innerhalb eines Jahres vorgesehen. Die DGUV Vorschrift 25 sieht nunmehr ein Unterweisungsintervall von mindestens halbjährlich, bei Bedarf und natürlich bei Aufnahme der Tätigkeit vor.
Insbesondere der Passus der Bedarfsunterweisung dürfte nach entsprechenden Vorfällen relevant werden. Gemäß den Regeln zur Konkretisierung muss die Unterweisung zudem ausführlich erfolgen und soll unter anderem auch eine Ausweitung auf die psychischen Belastungen eines Überfalls auf die Versicherten beinhalten.
Der Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen
Präzisierter als die Vorgängervorschrift präsentiert sich die DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“ auch im Hinblick auf den Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen. Auch hier sind die Konkretisierungsregeln der einzelnen Geltungsbereiche durchaus tiefgreifend. Insbesondere beim Transport durch Versicherte selbst empfiehlt der Unfallversicherungsträger diese mit mindestens zwei Versicherten durchzuführen. Je nach Geltungsbereich kann dies zwar auch durch einen Versicherten erfolgen, dann jedoch nur mit Sichtkontakt oder geeigneter Funksprechverbindung zu anderen Versicherten. Ein verdeckter Transport – egal ob intern oder nach extern – ist dem jeweiligen offensichtlichen Transport stets vorzuziehen. Richtigerweise setzt der Unfallversicherungsträger zum Schutze der Versicherten die Maßgaben für den Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen erkennbar hoch.
Die gängige Praxis im Kontext mit der neuen Theorie
Vielfach wird in der Praxis der Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen nach wie vor den Versicherten überlassen, ohne hierfür die gängigen Regeln der Prävention zu beachten. Häufig ist es bei kleineren Unternehmungen oder beispielsweise auch Veranstaltungen so, dass der Umgang mit den besagten Schutzgütern den Versicherten obliegt. Die Kassiererin fährt auf dem Heimweg beim lokalen Kreditinstitut vorbei und gibt dort die Tageseinnahmen ab oder der Vereinskassierer trägt die Veranstaltungseinnahmen zuerst zu sich nach Hause, um diese dann am Folgetag zur Bank zu bringen. Die beiden Fälle sind exemplarisch für die Praxis und bei Weitem nicht aus der Luft gegriffen.
Zwar trifft die Verantwortung und die Maßgaben der DGUV Vorschriften sowohl Unternehmer wie auch einen Sicherheitsdienstleister gleichermaßen – jedoch mit einem signifikanten Unterschied: Der Sicherheitsdienstleister ist im Umgang mit Schutzgütern weitaus professioneller und verfügt über entsprechend geschulte Mitarbeiter.
Insbesondere bei Vereinen gilt es zudem, die Versicherungssituation der ausführenden Mitglieder genauestens zu betrachten und im Vorfeld abzuklären. Nicht jede Vereinstätigkeit fällt automatisch in die gesetzliche Unfallversicherung.
Grundsätzlich ist auch die Haftungsfrage nicht unerheblich. Unter Umständen entstehen durch den Versicherten (im Falle des Falles der Geschädigte) auch zivilrechtliche Ansprüche, sofern dieser Schaden bei einem Überfall(versuch) nimmt und ein Präventionsversäumnis nachweisbar ist. Alleine durch die psychische Belastung des Überfalls ist ein Schadenseintritt höchst wahrscheinlich. Je nach Art und Schwere des Schadens kann dieser sogar zu einer lebenslangen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit führen. Die daraus resultierende Haftungsverpflichtung erschließt sich hier von selbst.
Unternehmen und Vereine sind daher gut beraten, die Prävention im Umgang mit Barmitteln, sonstigen Zahlungsmitteln und Wertsachen sehr ernst zu nehmen. Die Kosten eines Sicherheitsdienstleisters in Beratung und Ausführung sind marginal im Vergleich zu den Haftungsverpflichtungen im Schadensfall.
Quellen:
DGUV Vorschrift 25 „Überfallprävention“
DGUV Regel 108-010 „Überfallprävention in Verkaufsstellen“
DGUV Regel 115-003 „Überfallprävention in Kreditinstituten“
DGUV Regel 115-004 „Überfallprävention in Spielstätten“
DGUV Regel 115-005 „Überfallprävention in Kassen und Zahlstellen der öffentlichen Hand“
Alle frei als PDF verfügbar unter:https://publikationen.dguv.de/regelwerk/dguv-vorschriften/ (zuletzt abgerufen am 10.04.2021)