Stürzt ein Radfahrer bei einer Baustelle über ein Kabel, das nicht durch ein Warnschild markiert, aber trotzdem gut sichtbar ist, so liegt die Schuld an dem Unfall zu gleichen Teilen beim Radfahrer und bei dem zuständigen Bauunternehmen.
Ausgangsfall
Eine Radfahrerin war im April über ein vier Zentimeter dickes Erdkabel gestürzt, das zuvor ein Bagger aus dem Boden gezogen hatte. Die Bauarbeiter stellten kein Warn- oder Hinweisschild auf. Die Radfahrerin verletzte sich dabei u. a. an Knie und Handgelenk. Ihr blieb von dem Sturz eine posttraumatische Arthrose am linken Handgelenk. Längere Strecken zu Fuß machten ihr Probleme.
3.000 € Schmerzensgeld
Das Landgericht Essen sprach ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 3.000 € zu. Aus Sicht der Richter in Nordrhein-Westfalen trug sie ein Mietverschulden in Höhe von 50 % an dem Sturz. Die Radfahrerin wollte ein höheres Schmerzensgeld und legte Berufung ein.
50 % Mitverschulden
Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte die Entscheidung des Essener Landgerichts.1 3.000 € seien als Schmerzensgeld angemessen. Zwar hafte das Bauunternehmen auf Schadenersatz, weil es unterlassen hatte, herannahende Radfahrer zu warnen oder den seitlichen Verlauf des Kabels sicherzustellen. Sie hätten nicht darauf vertrauen dürfen, dass Radfahrer vor jeglichen von dem losen und daher potentiell rollenden Kabel ausgehenden Gefahren selbst rechtzeitig gewappnet sein könnten.
Die Radfahrerin habe den Sturz jedoch hälftig mit zu verschulden. Aus Sicht der Richter sei es der Frau vorzuwerfen, dass sie trotz dessen, dass das Kabel weder schwer erkennbar noch überraschend war, mit unverminderter Geschwindigkeit weitergefahren sei und daher den Querverlauf zu spät erkannt habe.
1 Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 25.06.2021 – 7 U 89/20
Besprochen in RdW 2021, Heft 21, Rn. 417