Gefahrenabwehr

Die Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2022

© putilov_denis - stock.adobe.com

Mit seinem Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland legt das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) als die Cyber-Sicherheitsbehörde des Bundes jährlich einen umfassenden Überblick über die Bedrohungen im Cyber-Raum vor. Im Jahr 2022 bewertet der Bericht auch die IT-Sicherheitslage im Kontext des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine.

IT-Sicherheitslage spitzt sich zu

Insgesamt spitzte sich im Berichtszeitraum die bereits zuvor angespannte Lage weiter zu. Die Bedrohung im Cyber-Raum ist damit so hoch wie nie. Im Berichtszeitraum wurde – wie schon im Vorjahr – eine hohe Bedrohung durch Cybercrime beobachtet. Hinzu kamen verschiedene Bedrohungen im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine.

Russischer Angriffskrieg gegen die Ukraine

Bislang gab es in Deutschland in Zusammenhang mit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine eine Ansammlung kleinerer Vorfälle und Hacktivismus-Kampagnen. Beispiele hierfür waren der Ausfall der Fernwartung in deutschen Windkraftanlagen nach dem Angriff auf ein Unternehmen der Satellitenkommunikation und ein Hacktivismus-Angriff auf deutsche Mineralölhändler mit russischem Mutterkonzern.

Eine übergreifende Angriffskampagne gegen deutsche Ziele war nicht ersichtlich. Die Lage im Cyber-Raum von NATO-Partnern war dagegen teilweise angespannt und in der Ukraine teilweise existenzbedrohend kritisch.

Cyber-Erpressung bleibt eine der größten Bedrohungen

Ransomware blieb die Hauptbedrohung besonders für Unternehmen. Die im vergangenen Berichtszeitraum beobachtete Ausweitung von Methoden der Erpressungsmethoden im Cyber-Raum hat sich im aktuellen Berichtszeitraum fortgesetzt. Insbesondere das sogenannte Big Game Hunting, also die Erpressung umsatzstarker Unternehmen mit verschlüsselten und exfiltrierten Daten, hat weiter zugenommen.

Sowohl die von IT-Sicherheitsdienstleistern berichteten Lösegeld- und Schweigegeld-Zahlungen als auch die Anzahl der Opfer, deren Daten etwa wegen ausbleibender Zahlungen auf Leak-Seiten veröffentlicht wurden, sind weiter gestiegen. Das nicht nur Unternehmen Ziel von Ransomware-Angriffen sind, zeigt eindrücklich der folgenschwere Angriff auf eine Landkreisverwaltung in Sachsen-Anhalt: Erstmals wurde wegen eines Cyber-Angriffs der Katastrophenfall ausgerufen. Bürgernahe Dienstleistungen waren über 207 Tage lang nicht oder nur eingeschränkt verfügbar.

Zahl der Schwachstellen steigt weiter

Im Jahr 2021 wurden zehn Prozent mehr Schwachstellen in Software-Produkten bekannt als im Vorjahr. Mehr als die Hälfte von ihnen wiesen hohe oder kritische Scores nach dem Common Vulnerability Scoring System (CVSS) auf. Als kritisch wurden 13 Prozent der Schwachstellen bewertet. Zu ihnen zählt die Schwachstelle in Log4j, da sich diese in vielen frei verfügbaren Software-Bausteinen befand.

IT-Sicherheitsverantwortliche konnten daher in der Regel nur schwer einschätzen, ob die von ihnen eingesetzte Software die Schwachstelle aufwies. Aufgrund der hohen Verbreitung von Log4j war von einer großen Angriffsfläche für Cyber-Angriffe auszugehen.

DDoS-Angriffe und Advanced Persistent Threats (APT) nehmen zu

Im aktuellen Berichtszeitraum waren vermehrt Angriffe auf Perimeter-Systeme, wie zum Beispiel Firewalls oder Router zu beobachten. Während gezielte APT-Angriffe mittels Schadprogrammen in E-Mails in der Regel hohen Aufwand erfordern, sind Perimeter-Systeme direkt aus dem Internet erreichbar, vergleichsweise schlecht geschützt und daher leichter angreifbar. Mehr und mehr scannen APT-Gruppen das Internet nach bekannten Schwachstellen in Perimeter-Systemen, für die noch keine Patches verfügbar sind, um diese gezielt angreifen zu können.

Auch die Zahl der Distributed Denial of Service-Angriffe (DDoS-Angriffe) hat nach Berichten verschiedener Mitigationsdienstleister weiter zugenommen. So verzeichnete etwa der deutsche Dienstleister Link11 für das Jahr 2021 einen Anstieg der DDoS-Angriffe um rund 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Insbesondere rund um das jährliche Onlineshopping-Event Cyber Week und in der Vorweihnachtszeit waren spürbar mehr Angriffe zu beobachten. Rund um die Cyber Week 2021 hat sich die Zahl der DDoS-Angriffe gegenüber der Cyber Week 2020 verdoppelt.

Zeitenwende für „Cyber-Sicherheit made in Germany“

Die beschleunigte Digitalisierung in allen Bereichen des alltäglichen Lebens – von den Lieferketten der international agierenden Konzerne, den Geschäftsprozessen auch in kleinen und kleinsten Unternehmen über die Dienstleistungen öffentlicher Institutionen bis hin zu den digitalen Anwendungen, die fast jede Bürgerin und jeder Bürger täglich im Alltag nutzt – macht auch bei der „Cyber-Sicherheit made in Germany“ eine Zeitenwende notwendig.

Denn das vergangene Jahr hat gezeigt, dass unvorhergesehene Ereignisse die Bedrohungslage auf ein neues Level heben können und Kollateralschäden durch Cyber-Angriffe in Nachbarländern auch unmittelbare Auswirkungen auf Deutschland haben können. All dies macht deutlich, dass präventive IT-Sicherheitsmaßnahmen die wirkungsvollsten IT-Sicherheitsmaßnahmen sind.

Jedes Computersystem, das nicht gehackt werden kann, jede IT-basierte Dienstleitung, die nicht gestört werden kann, ist ein elementarer Beitrag zu einer funktionierenden digital vernetzten Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist die von der Bundesregierung geplante Modernisierung der Cyber-Sicherheitsarchitektur und der Ausbau des BSI zur Zentralstelle für Informationssicherheit im Bund-Länderverhältnis ein wichtiger Schritt für eine eng verzahnte föderale Cyber-Abwehr.

Der Bericht zur Lage der IT-Sicherheit in Deutschland 2022 ist hier online abrufbar

 

Quelle: Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik, zuletzt abgerufen am 02.01.2023