Rechtliches

Ein als Kochherd genutzter heizfähiger Ofen bedarf einer fachlichen Abnahme

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Eine Gebäudeeigentümerin und ihr Ehemann errichteten 2015 in Eigenbauweise einen aus Schamott- und Lehmsteinen hergestellten, aus drei Teilen bestehenden Ofen. In der Küche befindet sich ein Ofenteil mit einer Herdplatte, der laufend mit Holz befeuert werden kann. (…) Mit Verfügung vom 21.02.2017 gab die Immissionsschutzbehörde der Gebäudeeigentümerin auf, durch einen Schonsteinfeger die Kohlenstoffmonoxidemissionen und die staubförmigen Emissionen der Feuerungsanlage messen zu lassen (Nr. 1) und ihr das Ergebnis der Messung schriftlich mitzuteilen (Nr. 2). Zur Begründung führte die beklagte Immissionsschutzbehörde aus, die Feuerungsanlage sei ein Grundofen, da sie nicht nur der Zubereitung von Speisen, sondern auch der Erwärmung des Raumes diene. Die Verfügung sei verhältnismäßig, die mit der Messung verbundenen Kosten von 1200 € seien der Eigentümerin zumutbar.

Gebäudeeigentümerin vertrat die Auffassung, es handle es sich um einen regulatorisch gesondert erfassten Herd

Hiergegen legte die Eigentümerin am 13.03.2017 Widerspruch ein und machte geltend, bei dem streitgegenständlichen Ofen handle es sich um einen regulatorisch gesondert erfassten, holzbefeuerten Herd mit Backofen, der ausschließlich der Zubereitung von Speisen und nicht, wie etwa ein Kachelofen, als Wärmequelle der Beheizung des Umgebungsraums diene.

Somit müsse der Ofen auch nicht die immissionsschutzrechtlich an einen Grundofen zu stellenden Anforderungen erfüllen. Die sich bei dem Backvorgang entwickelnden Wärme- und Heizgase würden durch Züge in den Backofen geleitet, und die Wärme werde sodann über den Schornstein abgeführt. In dem Haus existiere eine gesonderte Heizungsanlage, sodass der Ofen nicht zu Heizzwecken benötigt werde. Aus physikalischen Gründen sei unvermeidbar, dass beim Kochen und Backen Wärme abgestrahlt werde, was jedoch nicht die Eigenschaft eines Grundofens begründe.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.09.2017 wies das Regierungspräsidium (RP) den Widerspruch gegen die Nummern 1 und 2 des Ausgangsbescheids zurück. Der Ofen falle nicht unter die Ausnahmeregelung für Backöfen, da er neben der Bestimmung zum Zubereiten von Speisen auch eine erhebliche wärmespeichernde Funktion aufweise, die nicht allein der Zubereitung von Speisen geschuldet sei. Von den immissionsschutzrechtlichen Regelungen für Grundöfen sollten aber nur solche Öfen ausgenommen werden, deren primärer Zweck die Zubereitung von Speisen sei und deren Wärmefunktion lediglich einen nicht vermeidbaren Nebeneffekt darstelle.

Bezirksschornsteinfegermeister habe die Abnahme „konkludent“ vorgenommen

Sobald der Ofen zumindest auch als aus mineralischen Speichermaterialien hergestellter Wärmespeicherofen einsetzbar sei, beanspruchten die allgemeinen Regelungen Geltung. Am 03.11.2017 erhob die Eigentümerin Klage beim Verwaltungsgericht (VG) und führte zur Begründung aus: Der Herd werde je nach Bedarf einmal angefeuert, um darauf zu kochen und zu backen. Nach dem entsprechenden Koch- oder Backvorgang werde kein Holz nachgelegt, sobald dieser Vorgang abgeschlossen sei, und der Ofen gehe nach ca. eineinhalb Stunden aus. Herd und Backofen könnten getrennt angefeuert werden, es gebe jedoch keine Feuerstelle, die es ermöglichen würde, den Ofen als Heizung zu benutzen. Eine Speicherdauer von zwölf Stunden nach Abschluss des Backvorgangs und der Befeuerung sei aus technischen Gründen ausgeschlossen.

Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfegermeister habe den Ofen bereits am 30.10.2015 abgenommen, hierin sei eine konkludente Feuerstättenschau zu sehen. Die angegriffene Verfügung leide an einem durchgreifenden Ermessensfehler, da sie vor Abschluss der erforderlichen Sachverhaltsermittlungen verfrüht ergangen sei.

Klage der Gebäudeeigentümerin beim VG erfolgreich

Die Immissionsschutzbehörde habe entgegen ihrer ursprünglichen Absicht keine Ortsbesichtigung und Inaugenscheinnahme des Ofens vorgenommen, sondern allein nach Aktenlage in Unkenntnis wesentlicher Sachverhaltsumstände entschieden. Mit Urteil vom 29.03.2019 hatte das VG der Klage stattgegeben; diese Klage sei zulässig und begründet. Die Herd-Ofen-Kombination müsse die in immissionsschutzrechtlicher Hinsicht an Grundöfen gestellten Anforderungen nicht erfüllen, da sie bei der gebotenen objektivierten Betrachtung allein zur Speisenzubereitung bestimmt und geeignet sei. Das Ofenteil könne aufgrund des fehlenden Aschekastens sinnvollerweise nur einmal und für die Zubereitung von Speisen befeuert werden, sodass sich die objektive Wärmespeicherfunktion mit der Speisenzubereitung erschöpfe.

Im Hinblick auf die Zuführung von Wärme durch die Züge habe die Eigentümerin im Termin nachvollziehbar ausgeführt, dass Länge und Verteilung der Abgaszüge so gewählt worden seien, dass das Backfach bei Zuleitung von Wärme vom Herd gerade nicht stark erhitzt werde, sondern dort nur eine Temperatur entstehe, die ein Niedrigtemperaturgaren ermögliche, ohne dass dies aber gleichzeitig zu einer für Heizzwecke relevanten Erwärmung der umgebenden Speichermedien führe. Diese hätten lediglich die Funktion, den Heißluftstrom abzukühlen. Dieser Sachvortrag habe sich zur Überzeugung des Gerichts bei dem eingenommenen Augenschein bestätigt.

(…)

Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu betreiben, dass vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden

Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen so zu betreiben, dass nach dem Stand der Technik vermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden. Die Bundesregierung hat hierzu die Verordnung über kleine und mittlere Feuerungsanlagen (1. BImSchV) erlassen. Diese Verordnung gilt für die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb von Feuerungsanlagen, die keiner Genehmigung nach § 4 BImSchG bedürfen (§ 1 Abs. 1 der 1. BImSchV). Die Einzelraumfeuerungsanlage ist nicht nach § 4 BImSchG genehmigungspflichtig und unterfällt daher der vorgenannten Verordnung, unabhängig von der zwischen den Beteiligten umstrittenen Frage, ob die Anlage zum Beheizen des Aufenthaltsraums geeignet ist oder einen Herd mit indirekt beheizter Backvorrichtung darstellt.

Gem. § 4 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 i. V. m. Satz 1 1. BImSchV ist bei Grundöfen, die nach dem 31.12.2014 errichtet und betrieben werden und die nicht mit nachgeschalteten Einrichtungen zur Staubminderung nach dem Stand der Technik ausgestattet sind und für die auch keine Typprüfung des vorgefertigten Feuerraums unter Anwendung der Bestimmungen der Anlage 4 Nr. 3 1. BImSchV vorliegt, die Einhaltung der Anforderungen nach Anlage 4 Nr. 1 1. BImSchV zu Kachelofenheizeinsätzen mit Füllfeuerungen nach DIN EN 13229/A1, Ausgabe Oktober 2005, bei einer Messung von einem Schornsteinfeger unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen der Anlage 4 Nr. 3 1. BImSchV zu Beginn des Betriebs nachzuweisen.

Diese Regelung findet nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 b) 1. BImSchV keine Anwendung auf Feuerungsanlagen, die dazu bestimmt sind, Speisen durch unmittelbare Berührung mit heißen Abgasen zu backen oder in ähnlicher Weise zuzubereiten.

(…)

Ausgehend von der gebotenen Gesamtbetrachtung der Herd-Ofen-Kombination sind sämtliche im Behördenverfahren tätig gewordenen fachkundigen Personen zu der Erkenntnis gelangt, dass es sich um einen Grundofen handelt, dessen objektive Wärmespeicherfunkton sich nicht in der Speisenzubereitung erschöpft. Die gegenüber der Eigentümerin erlassene Messanordnung ist erforderlich, um der Behörde eine sachgerechte Einschätzung der von dem Ofen ausgehenden Gefährdungen für hochrangige Rechtsgüter wie der menschlichen Gesundheit zu ermöglichen. Gleich geeignete, die Eigentümerin weniger belastende Mittel sind nicht ersichtlich. In Anbetracht des hohen Rangs der gefährdeten Rechtsgüter ist die mit der angeordneten Messung einhergehende finanzielle Belastung, die von der Behörde mit etwa 1200 € angenommen wird, angemessen und auch im engeren Sinne verhältnismäßig.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Urteil vom 21.09.2022 – 10 S 1391/20.

 

Entnommen aus der Fundstelle Baden-Württemberg, 24/2022, Rn. 344.