Am Dienstag, den 13.05.2025, um etwa 08:30 Uhr ereignete sich im 11. Arrondissement in Paris ein Entführungsversuch am helllichten Tag in der Öffentlichkeit. Drei unbekannte Männer führten einen gewalttätigen Angriff auf die Tochter eines wohlhabenden Kryptowährungsunternehmers aus. Die Frau wollte gerade zusammen mit ihrem Mann ihren Sohn zur Kita bringen.
Die Absicht der Täterschaft war es offenbar, die Frau und deren Sohn vom Gehsteig in einen Lieferwagen zu zerren und zu entführen. Passanten eilten der Familie zur Hilfe und konnten die Täter vertreiben. Zumindest einer der Täter war mit einer Faustfeuerwaffe ausgestattet, die ihm aber im Handgemenge entwunden werden konnte. Ob die Pistole funktionsfähig war, ist noch unklar.
Nicht die erste Entführung dieser Art
Die Tat folgte auf die Entführung des Vaters eines Krypto-Millionärs am 01.05.2025, die ebenfalls in Paris stattfand. Die Entführer hatten mehrere Millionen Euro Lösegeld verlangt und ihrem Opfer einen Finger abgehackt, um ihrer Forderung Nachdruck zu verleihen. Die Polizei konnte das Entführungsopfer allerdings nach zwei Tagen befreien.
Hohes Risiko für wohlhabende Familien
Angehörige wohlhabender Familien unterliegen grundsätzlich einem hohen Risiko, Opfer eines kriminellen Angriffs zu werden. Entführungen bleiben bei der Täterschaft eine beliebte Methode, Geld aus vermögenden Opferfamilien herauszupressen. In den beiden genannten Fällen in Paris waren Familien betroffen, die im Kryptowährungskontext zu Vermögen gekommen sind.
Häufig wählen die Entführer nicht die vermögende Person selbst, sondern ein anderes Familienmitglied als Zielperson aus. Zumeist gerät ein Familienangehöriger in den Brennpunkt, der wenig geschützt und dessen Bewegungsprofil gut berechenbar ist.
Vor einem Entführungszugriff erfolgt tatvorbereitend regelmäßig eine sorgfältige Ausspähung der Opfer, um eine geeignete Gelegenheit und einen günstigen Ort für die Tat herauszufinden. Häufig plant die Täterschaft sehr gründlich. Die Ausspähung erfolgt daher in der Regel gegen mehrere Familienmitglieder und kann sich auf mehrere Tage, Wochen oder sogar Monate erstrecken.
Angriffe zumeist werktags
Meine eigene Entführungsfallerfahrung bestätigt, dass die Angriffe selbst zumeist werktags erfolgen, wenn die Zielpersonen auf dem Arbeits- oder Schulweg sind. Oftmals sind die Täter bewaffnet und gewaltbereit.
Angriffe in der Öffentlichkeit und am helllichten Tag kommen vor, können aber von der allgemeinen und besonderen Sicherheitslage begünstigt werden. Möglicherweise hat sich die Sicherheitslage in Paris in den letzten Jahren so verändert, dass die Täterschaft für ihre eigene Tatausführung nun ein tolerierbares Risiko angenommen hatte.
Es bleibt abzuwarten, ob wir in Paris oder auch anderen französischen Städten einen zunehmenden Trend zu Entführungen gegen (Krypto-)Unternehmer werden feststellen können.
Bei dem Entführungsversuch am 13.05.2025 in Paris leisteten die Angegriffenen Widerstand. Eine entschlossene Gegenwehr beim Angriff kann erfolgreich sein, birgt aber für die Angegriffenen auch die erhebliche Gefahr, von den Tätern verletzt oder sogar getötet zu werden.
Gründliche Bedrohungsanalyse ratsam
Im Vordergrund des Umgangs mit einer grundlegenden Entführungsbedrohung steht eine nüchterne und realistische Einschätzung der eigenen Bedrohungslage. Viele Unternehmerfamilien, aber auch Familien von Vorständen mittelgroßer oder großer Unternehmen neigen allerdings dazu, die Gefahr zu unterschätzen.
Es gilt aber, ist die Familie vermögend, ist sie auch grundsätzlich bedroht. Das Entführungsrisiko zu leugnen, beseitigt es nicht. Tauchen potenzielle Angreifer nicht auf meinem Abwehrradar auf, können mich die Täter sehr wohl auf ihrem Angriffsradar haben.
Vermögende Familien sind also gut beraten, sich Wissen zu Tätertaktiken und Methoden von Kriminellen und Entführern anzueignen – insbesondere dazu, wie Entführer vorgehen, um ihre Opfer zu suchen und auszuwählen. Zusätzlich sollten bedrohte Familien und Personen die Entwicklung der allgemeinen und besonderen Sicherheitslage aufmerksam beobachten.
Aufbauend auf einer gründlichen Bedrohungsanalyse sollte ein intelligentes Schutzkonzepts erstellt werden. Dabei sollte das Schutzkonzept immer die gesamte Familie umfassen, damit der Sicherheitsschirm keine Lücken hat.
Schriftlicher Krisenplan essenziell
Teil des Schutzansatzes sollte immer auch ein schriftlicher Krisenplan sein, der festlegt, wie mit einer tatsächlichen Entführung oder Erpressung umgegangen werden soll. Darin sollte insbesondere geklärt werden, wie die Melde- und Informationskette geregelt ist – aber auch, wie ein kleiner schlagkräftiger Krisenstab für die Verhandlung zusammengesetzt sein sollte, welches Verhandlungsmandat der Stab hat, was in den einzelnen Phasen einer Entführung zu tun ist und wie die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Akteuren, wie beispielsweise Behörden, Medien, Geschäftspartner und anderen, gestaltet werden sollte.
Inhabergeführte Unternehmensstrukturen können effizient in ein Schutzkonzept und die Krisenmanagementorganisation einbezogen werden.
Zur Erstellung des Schutzkonzepts, eines Krisenplans, zur Schulung des Krisenstabes und der Beratung und Unterstützung bei einer Entführung oder Erpressung hilft es sehr, einen erfahrenen Krisenberater hinzuziehen, der über belastbare internationale Fallexpertise in der Krisenreaktion bei Entführungen verfügt.