Unerwartete Ausfälle der Stromversorgung
Die deutsche Energieversorgung befand sich während der letzten Kälteperiode im Februar 2012 in einem äußerst kritischen Zustand , der auch die Bundesnetzagentur zu entsprechenden Folgemaßnahmen veranlasst hat. Die Vereinigten Staaten beginnen jetzt im Rahmen des Programms „SPIDER – Smart Power Infrastructure Demonstration for Energy Reliability and Security“ mit Vorbereitungen, welche zunächst die „Kritischen Militärischen Infrastrukturen der Informations- und Kommunikationsverarbeitung“ in lokalen, unabhängigen Clustern besser auf Stromausfälle vorbereiten soll, um die ständige Verfügbarkeit militärischer IuK-Leistungen und damit auch die militärische Führungsfähigkeit sicherzustellen.
Ein ähnliches Programm wird durch die Federal Agency for Emergency Management – FEMA der Vereinigten Staaten für Schlüsselfunktionen der öffentlichen Verwaltung in den USA vorbereitet. Neuere Untersuchungen haben in Österreich zu alarmierenden Ergebnissen zu den Folgen eines großflächigen Stromausfalls in Europa über einen längeren Zeitraum geführt. Die Gefährdung des Energieversorgungssystems (Smart Grid) durch mögliche Attacken aus dem Cyer-Raum erscheint real. Dabei können die Folgen eines derartigen Black Outs nur näherungsweise abgeschätzt werden.
Folgen eines Black Outs für Zentraleuropa
Nach den Berechnungen österreichischer Fachkreise würde ein eine Stunde andauernder Stromausfall in Österreich an einem Novembertag gegen 09.00 Uhr Ortszeit einen Gesamtschaden von wenigstens 180 Mio. Euro verursachen. Bei einem Gesamt-Blackout in Österreich von 24 Stunden sind Folge-Schäden von mindestens 890 Mio. Euro zu erwarten. Hierbei sind Kollateralschäden nicht berücksichtigt. Die finanziellen Folgen eines Gesamtausfalls des europäischen Stromversorgungs-Verbundnetzes wurden offenbar noch nicht untersucht und können daher hier nicht beziffert werden.
Kritische Engpässe in der deutschen Stromversorgung währen der Kälteperiode im Februar 2012 waren auf künstliche Verknappung des Energieangebots durch die am Markt tätigen Stromhändler zurückzuführen.
Netzentwicklung in Deutschland
Am 18. Juli 2011 haben deutsche Anbieter ( 50 hertz, Camprion, EnBW und TenneT ) den Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan 2012 vorgelegt. Der wachsenden Einspeisung von Strom aus erneuerbarer Energie Rechnung tragend, ist der Ausbau der Transportkapazitäten elektrischer Energie voranzutreiben. Ein Ausbau von Pumpspeicherkraftwerken ist für die Speicherung der Energie vorzusehen.
Für unterschiedliche Anforderungen an die Netze in Deutschland wurden eine Reihe von Szenarien (A 2022, B 2022, B 2032 und C 2022) erarbeitet, auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden soll.
Zu den sich verändernden Aspekten des Energieversorgungssystems wurde durch die Bundesnetzagentur im Dezember 2011 ein Eckpunktepapier zum Smart Grid und Smart Market vorgestellt. Beschrieben werden hier:
- Das konventionelle Netz (Grid),
- Smart Grid und
- Smart Market.
Dabei sind auf dem Weg zu Smart Grids die Übertragungsnetze auszubauen, Ausbau und Angleichung der Verteilernetze vorzunehmen und ein übergreifendes Netzkapazitätsmanagement mit dem Ziel des intelligenten Netzausbaus einzuführen. Nicht zuletzt ist die Telekommunikationsinfrastruktur (Information und Kommunikation) den gewachsenen Anforderungen, insbesondere auch den Gefährdungen aus dem digitalen Raum anzupassen. Auf Sicht ist wohl eine dezentrale Lösung der Energieversorgung (Cluster) die erfolgversprechende Lösung.
Fernziel der deutschen Energiepolitik ist wohl der Smart Market mit der Lösung vom verbrauchsorientierten zum erzeugungsorientierten Verbrauch von elektrischer Energie. Damit gewinnt das künftig zu schaffende Energieinformationsnetz als Teil der Datendrehscheibe in der Energieversorgung und Nutzung der Energie besondere Bedeutung. Sein Ausfall könnte beträchtliche Folgen nach sich ziehen. Allerdings wird erkennbar, dass in diesem Eckpunktepapier der Aspekt Sicherheit des Smart Grid gegen Angriffe aus dem Cyber-Raum noch nicht die Bedeutung zugemessen wird, die erforderlich ist, um die zunächst nationalen Energieversorgungsnetze gegen Angriffe aus dem digitalen Raum ausreichend zu schützen. Auch wird in diesem Papier der marktwirtschaftliche Aspekt der Trennung von Netz und Vertrieb besonders betont. Aus diesem Grunde wird dabei die Informations- und Kommunikationstechnik in der Energieversorgung als Mittel zum Zweck eines „fluidierenden“ Marktes gesehen.
SPIDER WEB der US-Streitkräfte
Die US-Streitkräfte beginnen damit, für führungswichtige, militärische Anlagen und Einrichtungen eine dezentrale Energieversorgung bei großflächigem Ausfall der Energieversorgungsnetze in den USA aufzubauen. Die Netze der Vereinigten Staaten gelten nicht als besonders stabil, wie Untersuchungen chinesischer Wissenschaftler 2010 gezeigt haben. Besonders gefährdet scheint das US-Netz durch einen möglichen Kaskaden-Effekt bei technischen Störungen oder gezielten Angriffen gegen Anlagen und Einrichtungen der Energieversorgung aus dem digitalen Raum. Der Kaskaden-Effekt würde im Anlassfalle schnell zu einem großflächigen Stromausfall in den USA führen, der offenbar dann nicht mehr beherrschbar sein würde. Auch für einen solchen Fall lassen sich die Konsequenzen nur sehr schwer abschätzen.
Das im Aufbau befindliche „Smart Power Infrastructure Demonstration for Energy Reliability and Security – SPIDER“- System wurde durch das US-Verteidigungsministerium initiiert. Besonderes Augenmerk wird auf die Sicherheit der „Kommunikations- und Kontrollsysteme“ gegen Angriffe aus dem Cyber-Raum gelegt. So wird das lokale Energieversorgungsnetz, an das die führungswichtige Einrichtung im Normalfall angeschlossen ist, durch das militärische „Microgrid Control System“ ständig auf Qualität der zur Verfügung gestellten Energie und Anomalien im Netz überwacht. In kritischen Situationen nimmt das Micro Grid Control-System die Anlage vom Netz und aktiviert die Notstromversorgung der militärischen Basis/Einrichtung. Hierbei werden unterschiedliche Hilfsquellen wie konventionelle Netzersatzanlagen, regenerative Energien (Solar- und Windenergie), Gasturbinen, auch mit Bio-Gas betriebene Anlagen eingesetzt.
Bereits jetzt werden erste militärische Versuchsanlagen in Hawaii, Fort Carson und in Camp Smith betrieben. Sollten sich die Anlagen bewähren, ist auch die Errichtung ähnlicher Anlagen in Staaten geplant, in denen sich amerikanische Truppenkontingente befinden. Als besonders wichtig erachten die Planer des SPIDER-Systems die ständige Verfügbarkeit drahtloser Kommunikationskanäle für die Funktion der Anlage als auch zu Steuerungszwecken des SPIDER-Micro-Grid. Offenbar sollen auch andere Anlagen und Einrichtungen der kritischen Infrastruktur in den USA künftig punktuell gegen Stromausfälle geschützt werden.
Europäisches Stromversorgungs-Verbundnetz
Das engmaschige europäische Strom-Verbundnetz kann auf Grund seiner Vermaschung und der gegenseitigen Abhängigkeiten, insbesondere bei Störungen aller Art, als besonders sensibel gelten. Die Beeinträchtigung seiner Funktion, wenn auch nur in Teilbereichen, kann zu ernsthaften Folgen für die Stromversorgung führen, wie das Ereignisse in der Vergangenheit bereits nachdrücklich bewiesen haben.
Bedrohung der Energieversorgungsnetze
Die Funktionsfähigkeit der Energieversorgungsnetze ist durch mannigfache Einflüsse wie Wetterereignisse, menschliches Versagen oder technische Fehlfunktionen jederzeit bedroht. Eine besondere Bedrohung erwächst dem europäischen Energieversorgungssystem durch jederzeit mögliche Angriffe aus dem digitalen Raum gegen Regel- und Steuerungseinrichtungen des Netzes. Der auch nur partielle oder regionale Ausfall der Energieversorgung über einen längeren Zeitraum bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann zu existenzbedrohenden Gefahren führen und ist in seinen Auswirkungen für die Zivilgesellschaft nicht abschätzbar.
Praxishinweis Unternehmen sollten für wichtige Betriebsteile und ihre IuK-Infrastruktur eine Notstromversorgung planen, die auch Netzausfälle für einen längeren Zeitraum kompensieren kann. Als besonders wichtig kann die Erhaltung der Funktionsfähigkeit der IuK-Anlagen, Erhaltung der Wiederanlauffähigkeiten und Funktionalitäten wichtiger Betriebsteile (Wärmeversorgung, Kühlung u.Ä..) gelten. |
Quellen:
Ladining, U.& Saurugg,H.: Cyber Security Austria in: Truppendienst 1/2012 Seite 35-4, Wien, 2012;
Smart Grid und Smart Market-Eckpunktepapier der Bundesnetzagentur, Bonn, Dezember 2011;
Szenariorahmen für den Netzentwicklungsplan, Bundesnetzagentur, Bonn 18.Juli 2011;
Geplante Veranstaltung der ASW: Lang andauernder Stromausfall, WIK,1/2012, Seite 27, Ingelheim, 2012;
Ackermann, R.: Military Energy Enters Spiders Web, SIGNAL, February 2012, Fairfax, VA, USA.