Organisations- und Führungskonzepte

Industrie 4.0: Was Unternehmen beachten müssen

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Fünf Schritte zu mehr Rechtssicherheit

Industrie 4.0, der Begriff tauchte erstmals 2011 auf der Hannover-Messe auf. Getragen zunächst von den großen Verbänden ZVEI, Bitcom und VDMA, steht das Projekt nun unter der „Schirmherrschaft“ der Bundesregierung. Welchen juristischen Herausforderungen sich Unternehmen stellen müssen und wie sie mehr rechtliche Sicherheit gewährleisten können, erläutert der Beitrag von Dr. Tobias Fuchs, Partner der KPMG Law, m FAZ-Verlagsspezial: Industrie 4.0:

1. Schritt: Geistiges Eigentum schützen

Patente und Know-how sind der wichtigste Bestandteil von Unternehmenswerten; dabei befindet sich das Know-how meist in den Köpfen der Mitarbeiter. Auf die Verwertung, den Schutz und ein Know-how-Management kommt es an. Um es für neue digitale Prozesse nutzbar zu machen, muss das eigene Know-how dokumentiert und anschließend geschützt werden.

2. Schritt: Datenverkehr absichern

Datensicherheit ist eine Voraussetzung für erfolgreiche neue Technologien. Die rechtliche Gestaltung und Absicherung bei Datenverkehr und -speicherung ist entscheidend. Dabei geht es um die Sicherheit aller unternehmenseigenen Daten. Die Prozesse des Datenaustausches müssen rechtskonform gestaltet sein. Und Unternehmen sollen sich bereits vor der Implementierung neuer Technologien die Frage stellen, ob die Datenübermittlung beispielsweise ins Ausland von ihrer Rechtsordnung abgedeckt wird. Mangelnde Schutzniveaus und staatliche Eingriffsbefugnisse in anderen Ländern können Investitionen auch verhindern. Außerdem muss der Datenaustausch – neben den rechtlichen Vorkehrungen – auch technisch stärker abgesichert werden.

3. Schritt: Lizenzmodelle anpassen

Durch die Industrie 4.0 werden sich bekannte vertragliche Strukturen stark verändern. Am Beispiel des 3D-Drucks wird deutlich: nicht nur die Wertschöpfungs- und Lieferketten wandeln sich erheblich um, auch herkömmliche Lieferverträge müssen auf den Versand von 3D-Druckdateien angepasst werden.

Neue unternehmensübergreifende und konzerninterne Lizenzstrukturen  – insbesondere mit Berücksichtigung der steuerlichen Anforderungen – müssen her. Was ist Gegenstand der Lizenz: die Druckdatei als urheberrechtlich-geschütztes Werk? Oder Patente und Designs am Produkt selbst?

4. Haftungsfragen klären

 Die M2M-Kommunikation, von Maschine zu Maschine, erfordert zwar weniger menschliche Beteiligung, beinhaltet dafür aber andere Haftungsfragen: Wer haftet für Fehler und Ausfälle? Wer ist im Bereich des Additive Manufacturing der verantwortliche Hersteller?

Ein auf das Unternehmen abgestimmtes Liability Management ist bei Industrie 4.0 unverzichtbar. Das eigene Risikopotenzial muss erkannt und minimiert werden. Dies kann über die Vertragsgestaltung, die Formulierung interner Regelungen und passender technischer Maßnahmen, oder die Schulung der Mitarbeiter erfolgen.  

5. Außenwirtschaftsrecht beachten

Beim Transfer von Daten müssen auch das Außenwirtschaftsrecht und die Exportkontrolle beachtet werden. Selbst der konzerninterne Transfer von Technologien unterliegt den Regularien. Dies gilt zumindest dann, wenn Dual-Use-Regeln festlegen, dass Güter und Technologien, die zumindest ansatzweise im Zusammenhang mit Rüstungsgütern stehen, in den Anwendungsbereich solcher Vorschriften fallen. Bei Verstoß drohen den Unternehmen strafrechtliche oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Konsequenzen.

Besonders europäische Exportbeschränkungen lassen wenig Zeit für Umsetzungen. Einkaufs-, Vertriebs- und Rechtsabteilungen müssen daher – im Zeitalter Industrie 4.0 – rechtzeitig handeln und für kritische Bereiche einen Maßnahmenkatalog erarbeiten.


Quelle:

Dr. Tobias Fuchs: In fünf Schritten zur rechtlichen Sicherheit, in: FAZ Verlagsspezial vom 09.04.2015, S. V6.

Bundesministerium für politische Bildung und Forschung: Zukunftsprojekt Industrie 4.0, auf bmbf.de (zuletzt abgerufen am 22.04.2015).