Sicherheitskonzepte

Frauen auf Geschäftsreisen: Eine neue Perspektive für das Travel Security Management

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Ob plumpe Sprüche an der Hotelbar, aufdringliche Gesten im Taxi oder zwielichtige Gestalten am Wegesrand: Auf viele Reiseerlebnisse würde frau sicherlich gerne verzichten. Zwar sind diese in den meisten Fällen nur unliebsame Erinnerungen, jedoch können sie auch schnell zum Sicherheitsrisiko werden. Immer wieder werden Frauen auf Reisen zum Opfer von Gewalttaten. Die Folgen sind nicht selten körperliche und psychische Schäden – oder gar Schlimmeres. Das muss jedoch nicht sein. Wenn das Geschlecht auf Reisen zum Sicherheitsrisiko wird, stehen Unternehmen in der Pflicht. Neben einer verantwortungsvollen Eigeninitiative sind dann auch fundierte Schutzmaßnahmen zwingend erforderlich.

 

Die Gefahren, welchen sich reisende Geschäftsfrauen ausgesetzt sehen, kommen nicht von ungefähr: Neben sexuell motivierten Übergriffen werden weibliche Reisende auch immer wieder das Ziel zahlreicher anderer krimineller Handlungen. Denn allgemeinhin gelten Frauen als leichte Ziele, die den Tätern schnelle Beute versprechen. Vom klassischen Handtaschendiebstahl bis hin zum Raubüberfall oder gar einer Entführung: Die besondere Risikoexposition weiblicher Geschäftsreisender muss im gesamten Managementprozess eingehende Berücksichtigung finden. Diese Tatsache wird auch für Unternehmen immer bedeutsamer, denn der Anteil weiblicher Geschäftsreisender wächst seit Jahren stetig. Während der Frauenanteil derzeit bei etwa 30 Prozent liegt, prognostizieren Experten bereits einen Anstieg auf ganze 38 Prozent bis zum Jahr 2020.

Frauenspezifische Risiken wirken sich auf den gesamten Managementprozess aus

Damit wird deutlich: Die Sicherheit geschäftsreisender Frauen ist ein Thema mit Brisanz. Denn um ihre allgemeine Fürsorgepflicht zu erfüllen, müssen Unternehmen bzw. deren Sicherheitsverantwortliche angemessene Lösungen entwickeln, die sowohl das Interesse des Unternehmens als auch der betreffenden Mitarbeiterinnen gleichermaßen berücksichtigen. Damit ergeben sich Auswirkungen auf den gesamten Prozess des Travel Security Managements: So müssen bereits bei der Risikoanalyse entsprechende geschlechterspezifische Risikopositionen untersucht werden. Infolge dessen kann sich für einige Länder ein gänzlich neues Gefahrenbild ergeben. Das gilt nicht nur für den indischen Subkontinent, sondern auch für zahlreiche muslimische Länder, insbesondere im Maghreb und Maschrek sowie dem restlichen Teil des nahen Ostens.

Darauf basierende Schutzmaßnahmen beziehen sich auf alle Phasen einer Geschäftsreise. So kann insbesondere ein spezielles Training für reisende Mitarbeiterinnen sinnvoll sein. Denn während personelle oder technische Maßnahmen nur allzu schnell an ihre Grenzen stoßen, nicht zuletzt aufgrund der zu berücksichtigenden Verhältnismäßigkeit, hat vor allem das persönliche Verhalten großes Potential. Dabei müssen zentrale Fragen beantwortet werden: Wie kann ich mich vor sexuellen Belästigungen schützen? Wie sollte ich mich kleiden, um Schwierigkeiten zu vermeiden? Welche kulturellen und rechtlichen Regeln muss ich als Frau beachten? – Grundsätzlich sollte es das Ziel sein, sich so unauffällig wie möglich zu verhalten und kein attraktives Ziel darzustellen. Diese Devise hat einen Namen: Low Profile. Wer sich daran hält, kann das Risiko auf Reisen mit einfachen Mitteln deutlich reduzieren. Das gilt für weibliche und männliche Geschäftsreisende gleichermaßen.

Mit der Krawatte im Kampf gegen Kriminelle

Geschlechterspezifische Risiken stellen zudem zusätzliche Anforderungen an die Planungsphase. So sollte die Notwendigkeit eines separaten Fahrdienstes geprüft werden. Eine sichere Alternative können hierbei, sofern verfügbar, spezielle Frauentaxen sein, die sich auf die Beförderung weiblicher Gäste spezialisiert haben. Auch die Auswahl des Hotels muss besonderen Sicherheitsansprüchen genügen. Einige Hotelketten bieten bereits separate Frauenzimmer oder gar ganze Frauenhotels an, die auf die konkreten Bedürfnisse weiblicher Reisender zugeschnitten sind. Ganz gleich, für welche Unterkunft Sie sich entscheiden: Statt auf den vollständigen Namen zu buchen, sollte die Angabe des Unternehmens genügen. Gleiches gilt für die Beschriftung von Gepäckstücken – ganz im Sinne der Low-Profile-Strategie.

Auch allgemeine Verhaltensregeln sind ausschlaggebend. Vorsicht ist hierbei stets besser als Nachsicht: Grundsätzlich gilt natürlich, dass Unbekannten gegenüber stets mit Skepsis zu begegnen ist und diese auf dem privaten Hotelzimmer nichts verloren haben. Gehen Sie stets in Gruppen aus, niemals allein, und meiden Sie zwielichtige Viertel und düstere Gassen. Hinterfragen Sie stets das Verhalten und die Absichten Ihres Gegenüber – auch gegenüber fremden Frauen, da auch diese in kriminelle Machenschaften involviert sein können. Zudem helfen zahlreiche Tricks und Kniffe, um sich für potenzielle Täter unattraktiv zu machen: Neben der Krawatte auf dem Bett und dem Rasierer auf der Waschablage können Betroffene durch zahlreiche weitere Schummeleien die Anwesenheit eines männlichen Kollegen suggerieren. Das schreckt Kriminelle effektiv ab. Bei Reise in besonders kritische Regionen jedoch kann eine männliche Reisebegleitung unumgänglich sein, um sich im Hotel und in der Öffentlichkeit unbehelligt bewegen zu können und so den Erfolg der Geschäftsreise nicht unnötig zu gefährden.

Fazit: Wer Frauen auf Geschäftsreisen schickt, muss sich deren besonderen Sicherheitsbedürfnisses bewusst sein. Doch wer daraus auf Nachteile schließt, der irrt: Wer die Reisesicherheit mit den Augen einer Frau betrachtet, eröffnet dem Travel Security Management eine gänzlich neue Perspektive und kann so die Sicherheit insgesamt verbessern – nicht nur für weibliche Reisende. Die abschließende Überprüfung im Rahmen einer intensiven Nachbereitung tut schließlich ihr übriges, um das Management kontinuierlich zu verbessern und so die Sicherheit reisender Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktiv zu erhöhen.

Quellen:

Leidel, Sven (2014). Handbuch Reisesicherheit. s. l.: Books on Demand.