Sicherheit

Die deutschen Nachrichtendienste im Spannungsfeld von Politik und Öffentlichkeit

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Die deutschen Nachrichtendienste

Dass die Bundesrepublik Deutschland mit ihrer zentralen Lage in Europa, ihrem Wirtschafts- und Wissenschaftspotenzial und der politischen Gestaltungskraft bereits seit langer Zeit das Ziel von Ausspähungsbemühungen, auch befreundeter Staaten ist, kann als bekannt vorausgesetzt werden. Dem Bundesnachrichtendienst – BND kommt per Gesetz als einzigem „beschaffendem“ Nachrichtendienst hier eine besondere Rolle zu. Dienen seine Erkenntnisse doch der Politik als Grundlage für Entscheidungen aller Art. Der BND besitzt keinerlei exekutive Befugnisse. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hingegen nimmt Aufgaben im Rahmen der Spionageabwehr, Bekämpfung verfassungsfeindlicher Bestrebungen aller Art, sowie der Terrorismusbekämpfung wahr.

Die Landesbehörden für Verfassungsschutz haben den gleichen Auftrag auf Länderebene und arbeiten mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz zusammen. Der Militärische Abschirmdienst – MAD schützt die deutschen Streitkräfte gegen Spionage, Sabotage und Zersetzung. Im Ausland schützt der MAD die Kontingente der deutschen Streitkräfte gegen Bedrohungen aller Art. Allen Diensten ist gemeinsam, dass diese im Rahmen ihrer Aufgaben mit befreundeten Nachrichtendiensten im Rahmen bilateraler Vereinbarungen Nachrichten austauschen.

Die Reform der deutschen Nachrichtendienste

Schon bei ihrer Gründung in den vierziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts waren die deutschen Dienste durch die Alliierten umfangreichen Restriktionen hinsichtlich Aufgaben, Befugnissen, Personalausstattung und Organisationsform unterworfen, die teilweise bis heute nachwirken. Zeugnis hierfür sind der „Polizeibrief“ der Alliierten sowie die „Unkeler Richtlinien“, welche die Zusammenarbeit der einzelnen Behörden regeln sollten. Auch übten die Alliierten zu dieser Zeit eine starke Aufsicht über die deutschen Dienste aus. Es liegt in der Natur nachrichtendienstlicher Tätigkeit, diese aus zwingenden Gründen zu verbergen, um Mittel, Methoden und Quellen der Dienste nicht bloßzustellen. Dies gilt naturgemäß auch für die durch nachrichtendienstliche Tätigkeiten gewonnenen Erkenntnisse. Dass sich zwischen den Diensten im Laufe der Jahre eine Konkurrenzsituation entwickelt hat, ist politischen Einflüssen aller Art geschuldet. Wie es sich bei den Ermittlungen zum Fall des „NSU“ und in anderen Fällen gezeigt hat, haben Defizite in der Zusammenarbeit der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder eine frühe Aufklärung der Taten mehr behindert, als zur Aufklärung beigetragen. Ein besonderer Schwerpunkt künftiger Regelungen ergibt sich aus dem Einsatz von „Vertrauenspersonen – V-Personen“ zur Durchdringung unterschiedlicher politischer Potenziale. Im Rahmen des verabschiedeten „Zusammenarbeits-Reformgesetzes“ vom 3. Juli 2015 dürfte noch eine Reihe von gravierenden Änderungen auf diesem Gebiet zu erwarten sein.

Die Zusammenarbeit deutscher Dienste mit nationalen Partnerdiensten

Wegen seiner geostrategischen Lage sind die deutschen Dienste auf nachrichtendienstlichem Gebiet auf die enge Zusammenarbeit mit Partnerdiensten angewiesen. Dies manifestiert sich besonders im Bereich der luftgestützten elektronischen Aufklärung. Nach dem Abbruch des Projekts „EUROHAWK“ verfügt Deutschland nur über eingeschränkte Fähigkeiten in der luftgestützten, abstandsfähigen elektronischen Aufklärung. Die derzeit verfügbaren Messboote der Bundesmarine können nur eine Lücke schließen. Nicht zuletzt ist auch die Forderung nach umfassender, vorausschauender elektronischer Aufklärung in künftigen Einsatzgebieten der deutschen Streitkräfte außerhalb Deutschlands nur in der Partnerschaft mit anderen, befreundeten Diensten zu erfüllen. Daher ist besonders der Bundesnachrichtendienst auf eine enge Zusammenarbeit mit seinen Partnerdiensten angewiesen. Dies gilt insbesondere für zu erwartende Informationsoperationen fremder Staaten oder Gruppierungen gegen Deutschland und seine Partner und Verbündeten.

Aufklärungsaktivitäten fremder, auch befreundeter Dienste in Deutschland

Aus historischen Gründen haben die deutschen Dienste, hier besonders der Bundesnachrichtendienst, eine „Special Relationship“ zu den US-amerikanischen Diensten entwickelt und setzen diese auch heute aus den bekannten Gründen fort. Nicht zuletzt aus den alliierten Vorbehaltsrechten überkommene Verfahren konnten nicht sofort abgelöst werden. Dies kann auch für die Rechte der noch in Deutschland befindlichen Truppenkontingente der US- und britischen Streitkräfte gelten, die nach dem Truppenstationierungsrecht insbesondere noch Abwehraufgaben auf deutschem Territorium wahrnehmen. Der jüngste Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2014 des Innenministeriums Baden-Württemberg enthält umfassende Hinweise auf die Aktivitäten fremder als auch befreundeter Nachrichtendienste im Land. Die Ausspähungsbemühungen gehen von den Nachrichtendiensten der VR China, der russischen Föderation, der Vereinigten Staaten von Amerika, der Republik Türkei und Indien aus. Von alters her beobachten befreundete Dienste ihrerseits ihre Partner und Verbündeten. Ob dies im Falle Deutschlands noch angemessen ist, muss bezweifelt werden. Für welchen Weg zur Lösung dieses Problems sich die Bundesregierung entscheiden wird, muss allerdings offen bleiben.

Die parlamentarische Kontrolle der deutschen Nachrichtendienste

Nach Auffassung des Autors des jüngst veröffentlichten Positionspapiers der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) in Berlin zum Thema „US-Spionage in der Bundesrepublik: Optionen deutscher Politik“ erscheint die parlamentarische Kontrolle der deutschen Nachrichtendienste ausreichend. Allerdings ist zu beobachten, so berichten andere Kenner der Materie, dass „Wissensträger“ aus den Nachrichtendiensten bei Befragungen durch parlamentarische Kontrollgremien häufig wegen „nicht ausreichender Aussagegenehmigung“ der Befragten aus den Diensten wenig zur Aufklärung von Sachverhalten beitragen können. Auch scheinen technische Details, insbesondere aus der Kommunikationsüberwachung, für die Parlamentarier wegen ihrer hohen technischen Komplexität nur sehr schwierig nachvollziehbar.

Fazit:

Deutschland braucht einen effektiven Auslandsnachrichtendienst, um im Konzert der „befreundeten“ Dienste mitspielen zu können. Nicht zuletzt ist die Bundesregierung auf die Erkenntnisse ihres Auslandsnachrichtendienstes angewiesen, um angemessen auf Entwicklungen aller Art reagieren zu können. Allerdings scheint die Rezeption der Erkenntnisse des BND in politischen Kreisen nicht immer angemessen und teilweise auch vom Wunschdenken politischer Handelnder getrübt. Die abwehrenden Dienste Deutschlands benötigen Verfahren, die sich an den realen Bedrohungen orientieren; bürokratische Hemmnisse und Ressortegoismen sind abzubauen. Allerdings sollten hierbei auch die grundgesetzlich garantierten Rechte der Bürger beachtet werden. Im Hinblick auf die Ausspähungsaktivitäten, auch befreundeter Dienste in unserem Land sollte sich die Bundesregierung an der Praxis anderer, souveräner Staaten orientieren und angemessen auf derartige Akte reagieren.

 

Quellen:

Nietner, W.: Wozu unser Land Nachrichtendienste braucht, Bundesakademie für Sicherheitspolitik-BAKS, Berlin, 07.07.2015,

Rudolf, P.:  US-Spionage in der Bundesrepublik: Optionen deutscher Politik ,SWP, Aktuell 65 ,Berlin, Juli 2015 ,

Verfassungsschutzbericht 2014, Innenministerium Baden-Württemberg, Stuttgart, 31.März 2015,

Wenngleich nur noch von historischer Bedeutung:

Brückner/Schmitt; Verfassungsschutz und Innere Sicherheit, Wuppertal, 1977

Schwagerl/Walther: Schutz der Verfassung – Ein Handbuch für Theorie und Praxis, München, 1968