Rechtliches

Urteil: Einparken in Einbahnstraße – nur kurze Rückwärtsfahrt ist zulässig

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Ein Taxifahrer stand in einer Reihe von Taxen an einem rechts der Fahrbahn einer Einbahnstraße befindlichen Taxihaltestand. Auf der linken Seite der Einbahnstraße befanden sich Parkbuchten für Pkws.

Eine Autofahrerin war auf der Suche nach einem Parkplatz. Sie fuhr zunächst in der Einbahnstraße in der vorgegebenen Fahrtrichtung an dem Taxistand vorbei. Als sie plötzlich auf der linken Seite einen freien Parkplatz entdeckt hatte, wollte sie rückwärts zu dieser Parklücke zurückfahren; es handelt sich hierbei um eine Strecke von etwa 6 – 8 Pkw-Längen. Der Taxifahrer hatte inzwischen einen Fahrgast aufgenommen, wollte vorwärts auf die Fahrbahn einfahren und fuhr mit dem Frontbereich seines Taxis etwa 40 cm aus der Parklücke heraus. Unmittelbar darauf kam es zur Kollision mit der rückwärts die Einbahnstraße zurückfahrenden Autofahrerin.

Der Taxifahrer verlangte den an seinem Fahrzeug entstandenen Sachschaden sowie sonstige Nebenkosten in Höhe von insgesamt 5 300 € von der Rückwärtsfahrerin. Diese wandte ein, auch der Taxifahrer sei an dem Unfall schuld, weil er nicht sofort stehengeblieben sei oder nicht wieder rückwärts in die Parklücke zurückrangiert sei.

Beim Oberlandesgericht Düsseldorf1 hatte die Schadensersatzklage des Taxifahrers vollen Erfolg.

Grobes Verschulden der Rückwärtsfahrerin

Da der Unfall für beide Beteiligten kein völlig unabwendbares Ereignis war, musste das Gericht prüfen, welchen Verursachungsbeitrag jeweils die beiden Autofahrer geleistet hatten.

Hier fiel insbesondere der schuldhafte Verstoß der Autofahrerin gegen das Gebot, eine Einbahnstraße nur in der vorgeschriebenen Fahrtrichtung zu befahren, ins Gewicht. Das entsprechende Vorschriftszeichen in der StVO lässt ausdrücklich keine Rückwärtsfahrt zu. Auch wenn das bloße Rückwärtseinparken in Einbahnstraßen zulässig sei, da es sich insoweit um ein bloßes Rangieren des Kfz handele, stelle das Rückwärtsfahren zu einer Parklücke ein Fahren gegen die vorgeschriebene Fahrtrichtung dar. Dies gelte in jedem Fall dann, wenn – wie hier – die zurückgelegte Fahrtstrecke bis zu sechs Autolängen betrage. Denn es handele sich jedenfalls um eine Rückwärtsfahrt, die in der Länge über die notwendige Strecke für ein unmittelbares rückwärtiges Einparken klar hinausgehe und damit entgegen des Richtungspfeiles des Verkehrszeichens unzulässig sei.

Hinzu kam nach Auffassung des Gerichts ein weiterer Verstoß der Autofahrerin: Denn wer ein Fahrzeug führt, muss sich u. a. beim Rückwärtsfahren so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Der Rückwärtsfahrende muss bei der Fahrt sicherstellen, dass nicht nur der Bereich unmittelbar hinter seinem Kfz, sondern auch an den Seiten freibleibt. Er darf nur so langsam fahren, dass er erforderlichenfalls sofort anhalten kann. Dies hatte die Autofahrerin nicht beachtet, da sie den seitlichen rechten Bereich der Fahrbahn hinter ihrem Pkw nicht ausreichend beobachtet hatte und deutlich schneller als Schrittgeschwindigkeit rückwärtsgefahren war. Diese besondere Sorgfaltanforderung aus Rückwärtsfahren gilt umso mehr, wenn ein Pkw in einer Einbahnstraße zurückgesetzt wird.

Vernachlässigbares Verschulden des Taxifahrers

Demgegenüber war nach Einschätzung des Gerichts der Verschuldensbeitrag des Taxifahrers vernachlässigbar. Zwar müsse ein in den fließenden Verkehr aus der Parklücke Einfahrender sich vorsichtig in die Fahrbahn hineintasten, bis er Übersicht habe. Er müsse jedoch nicht damit rechnen, dass in einer Einbahnstraße ihm ein rückwärtsfahrender Pkw entgegenkomme.

Nachdem er etwa 40 cm aus der Parklücke herausgefahren war, hatte er zwar im letzten Augenblick die rückwärtsfahrende Autofahrerin gesehen, konnte jedoch – da das rückwärtsfahrende Fahrzeug auf ihn auffuhr – den Unfall nicht mehr verhindern. Somit war von einem Alleinverschulden der Autofahrerin auszugehen.

1 Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 24. Oktober 2017 – I-1 U 133/16, besprochen in RdW 2018 Rn. 357.