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BVerfG: E-Mail-Anbieter muss IP-Adressen an Ermittlungsbehörden übermitteln

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E-Mail-Anbieter müssen grundsätzlich damit rechnen, die Internetprotokolladressen (die sogenannten IP-Adressen) ihrer Nutzer an die Ermittlungsbehörden zu übermitteln. Und zwar auch dann, wenn sie diese aus Gründen des Datenschutzes vermeintlich gar nicht kennen.

Posteo, der Anbieter eines E-Mail-Dienstes, muss bei einer ordnungsgemäß angeordneten Telekommunikation-Überwachung (Internet, Telefon) durch die Ermittlungsbehörden auch die IP-Adressen der entsprechenden Nutzer herausgeben und übermitteln. Dies hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Beschluss vom 20. Dezember 2018 entschieden (Az. 2 BvR 2377/16).

Zum Hintergrund des Verfahrens:

Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hatte 2016 wegen des Verdachts von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz und das Kriegswaffenkontrollgesetz ermittelt. Das Amtsgericht (AG) Stuttgart hatte im Zuge der Ermittlungen per Beschluss die Sicherung, Spiegelung und Herausgabe aller Daten, die auf den Servern Posteos bezüglich des betreffenden E-Mail-Accounts elektronisch gespeichert waren, „sowie sämtlicher bezüglich dieses Accounts künftig anfallender Daten“ angeordnet. Posteo richtete daraufhin zwar die angeordnete Überwachung ein, wies jedoch darauf hin, dass Verkehrsdaten der Nutzer nicht „geloggt“ würden und solche Daten inklusive der IP-Adressen deshalb nicht zur Verfügung gestellt werden könnten. Diese seien nicht vorhanden und insofern ein Zugriff unmöglich. Posteo sieht sich hier den datenschutzrechtlichen Grundsätzen der Datensparsamkeit und Datenminimierung verpflichtet. Posteo verwendet ein sog. Network-Adress-Translation-Verfahren. Mit diesem werden u.a. die IP-Adressen der Kunden verschlüsselt, bevor sie in den Machtbereich von Posteo gelangen. Ob Posteo in der Lage ist, die IP-Adressen wieder zu entschlüsseln, war bis zuletzt streitig.

Daraufhin setzte das AG Stuttgart per Beschluss ein Ordnungsgeld von 500 Euro fest. Zudem sei das Unternehmen verpflichtet, zukünftig die Verkehrsdaten und insbesondere die IP-Adressen zu erheben. Darin sah der E-Mail-Anbieter jedoch eine Verletzung seiner Grundrechte aus Artikel 12 Grundgesetz (GG, Berufsfreiheit) und reichte Beschwerde ein. Das Landgericht (LG) Stuttgart verwarf diese jedoch als unbegründet.

BVerfG: Posteo muss IP-Adressen speichern

Das BVerfG schloss sich nun der Entscheidung des LG Stuttgart an. Die Annahme des Landgerichts, der Grundrechtseingriff sei gerechtfertigt, begegne keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Ein Grundrechtsverstoß jedenfalls sei nicht ersichtlich. Der verfassungskonforme § 100 Strafprozessordnung (StPO, Telekommunikationsüberwachung) erfasse nicht nur die Kommunikationsinhalte, sondern auch die näheren Umstände der Telekommunikation einschließlich der fraglichen IP-Adressen.

Dass der E-Mail-Anbieter auf die IP-Adressen nicht zugreifen könne, liege auch nicht daran, dass die Daten an sich nicht vorhanden wären, sondern allein daran, dass sich das Unternehmen aus Datenschutzgründen dazu entschlossen habe, diese nicht zu protokollieren. Und das sei allein dem vom Unternehmen bewusst gewählten Geschäftsmodell geschuldet. Das datenschutzoptimierte Geschäftsmodell sei zwar durchaus auch unter dem Gesichtspunkt des Artikels 12 GG grundsätzlich schützenswert, befreie den E-Mail-Anbieter jedoch nicht von gesetzlichen Vorgaben, die einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege dienen.