Rechtliches

Fahrtenbuchauflage trotz Zeugnisverweigerungsrechts

Macht der Halter eines Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen wurde, von seinem Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrecht im Ordnungswidrigkeiten- oder Strafverfahren Gebrauch, muss er die Auflage in Kauf nehmen, ein Fahrtenbuch zu führen (VGH München).

Auf Frau A war ein Kraftfahrzeug zugelassen. Mit diesem wurde die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h um 41 km/h überschritten. Dies wurde durch ein Radarfoto nachgewiesen. Auf ein Anhörungsschreiben des Polizeiverwaltungsamts hin teilte Frau A mit, es kämen mehrere Personen als Fahrer in Betracht, da das Fahrzeug zum fraglichen Zeitpunkt wegen eines Umzugs verliehen gewesen sei. Da sie vor Ort wegen der schlechten Bildqualität den Fahrer des Fahrzeugs nicht sicher identifizieren konnte, machte sie bei ihrer Zeugenvernehmung durch die Polizei von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch. Andere Maßnahmen zur Ermittlung des verantwortlichen Fahrzeugführers führten ebenfalls nicht zur Identifizierung des Fahrers. Daraufhin wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt.

Kurze Zeit später wurde Frau A von der Straßenverkehrsbehörde verpflichtet, ein Fahrtenbuch für die Dauer eines Jahres für das auf sie zugelassene Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … und ein etwaiges Ersatzfahrzeug zu führen; dieses Fahrtenbuch war einen Monat später zur Prüfung vorzulegen. Gegen diesen Bescheid ging Frau A vor, die damit jedoch beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof München1 (VGH) keinen Erfolg hatte.

Fahrtenbuchanordnung

Die Anordnung, ein Fahrtenbuch zu führen, setzt nach der StVZO voraus, dass nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften die Feststellung des Fahrzeugführers nicht möglich war. Hier war Frau A nicht gehalten, weitere in Betracht kommende Familienmitglieder zu ermitteln oder zu befragen. Auch wenn – wie hier – der Fahrer auf einer Lichtbildaufnahme nicht identifiziert werden kann, ist der Fahrzeughalter zwar insoweit zur Mithilfe bei der Aufklärung verpflichtet, dass er zumindest den Personenkreis der möglichen Fahrzeugführer gegenüber der Straßenverkehrsbehörde einschränkt. Ist der Fahrzeughalter hierzu nicht bereit, ist der Behörde regelmäßig nicht zumutbar, wahllos zeitraubende, kaum aussichtsreiche Ermittlungen nach dem Fahrzeugführer zu betreiben. Dies gilt auch, wenn sich der Fahrzeughalter – wie hier – auf sein Zeugnis- oder Aussageverweigerungsrecht beruft.

Kehrseite des Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts

Die Richter verwiesen darauf, dass die Ausübung eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts der Anordnung eines Fahrtenbuches nicht entgegenstehe. Denn mache der Halter eines Kraftfahrzeugs, mit dem ein Verkehrsverstoß begangen worden sei, von seinem Aussage oder Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, so müsse er die Fahrtenbuchauflage gewissermaßen in Kauf nehmen. Ein doppeltes Recht, nach einem Verkehrsverstoß im Ordnungswidrigkeitenbereich die Aussage zu verweigern und gleichzeitig trotz fehlender Mitwirkung bei der Feststellung des Fahrzeugführers auch von einer Fahrtenbuchauflage verschont zu bleiben, bestehe nicht. Insbesondere handle es sich bei der Auflage auch nicht um eine »Bestrafung« wegen fehlender Mitwirkung der Fahrzeughalterin, sondern um eine präventive Maßnahme im Sinne der Verkehrssicherheit, also um den Schutz höherrangiger Rechtsgüter, nämlich Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer.

Somit war nach Auffassung des VGH die angeordnete Fahrtenbuchauflage rechtmäßig.

1 Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs München vom 03. 05. 2019 – 11 ZB 19.213, besprochen in RdW 9/2020, Rn. 169.