Wird ein Auto in einer Waschanlage beschädigt, weil der Fahrer entgegen der Warnhinweise während des automatisierten Waschvorgangs gebremst hat, so trägt dieser die Schuld an dem Schaden. Auch wenn das Abbremsen aufgrund einer möglichen Kollision mit dem Fahrzeug davor erfolgt, trifft den Fahrer eine überwiegende Schuld.
Ausgangsfall
Ein Autofahrer (K) fuhr in die Autowaschanlage einer Tankstelle ein. Vor ihm in der Waschstraße befand sich der Autofahrer B. Nachdem der Waschvorgang für B abgeschlossen war, fuhr er – obwohl die an ihn gerichtete Lichtzeichenanlage bereits auf »grün« gesprungen war – zunächst nicht direkt aus der Waschstraße aus; denn sein Fahrzeug sprang beim ersten Startversuch nicht sofort an. Erst ein zweiter Startversuch nach einiger Zeit gelang.
Das dahinter befindliche Fahrzeug des K wurde zwischenzeitlich vom Schleppband der Waschstraße weiter in Richtung Ausfahrt und somit in Richtung des Fahrzeugs des B gezogen. Als K das Fahrzeug vor sich erkannte, hatte er die Befürchtung, dass die Fahrzeuge kollidierten. Um dies zu vermeiden, bremste er seinen Pkw stark ab. Durch Teile der Waschanlage wurde sein Fahrzeug im hinteren Bereich erheblich beschädigt.
Er verlangte vom Autofahrer B Ersatz seines Fahrzeugschadens, hatte damit beim Oberlandesgericht Zweibrücken1 allerdings nur zu 30 % Erfolg.
Kraftfahrzeug war außer Betrieb
Eine Haftung des B kam nur in Betracht, wenn sich sein Fahrzeug zum Zeitpunkt des Schadensereignisses »im Betrieb« (§ 7 StVG) befunden hatte. Zwar geht die Rechtsprechung davon aus, dass sich ein Pkw, der mit ausgeschaltetem Motor auf dem Förderband einer automatischen Waschstraße transportiert werde, nicht in Betrieb befinde. Denn in dieser Situation betreibe der Fahrer nicht das Fahrzeug, und es wirkten auch keine Betriebseinrichtungen des Fahrzeugs. Dieses sei vielmehr mit einem beliebigen Gegenstand vergleichbar, der automatisch transportiert werde.
Hier lag es jedoch anders: Der Waschvorgang des Fahrzeugs des B war bereits vollständig beendet; das Fahrzeug befand sich am Ende des Schleppbandes, und der Fahrer startete den Pkw, um mit Motorkraft in den Verkehrsraum einzufahren. Gefahren gingen von nun an nicht mehr von der Waschanlage oder dem automatisierten Transportvorgang, sondern allein vom Fahrer B und dessen Fahrzeug aus.
Die Beschädigungen des Fahrzeugs des K waren – so das Gericht – durch den Betrieb des Fahrzeugs B mitverursacht. Das verzögerte Anfahren des B war Ursache für die Bremsreaktion des dahinter befindlichen K. Für diesen zeigte sich eine kritische Situation: Aufgrund des Stehenbleiben des Fahrzeugs des B vor der Waschstraßenausfahrt und des automatisierten Fortbewegens seines eigenen Autos auf dem Schleppband der Waschstraße bestand die berechtigte Besorgnis, dass es zu einer Kollision der beiden Fahrzeuge komme.
Verschuldens des vorderen Autofahrers gering
Der B war nach Auffassung des Gerichts allerdings deutlich geringer an dem Unfallereignis schuld als der dahinter befindliche K. B war gehalten, sein Fahrzeug unmittelbar nach Abschluss des Waschvorgangs und dem Umschalten der Ampelanzeige auf »grün« wegzufahren und die Ausfahrt für nachfolgende Benutzer der Waschstraße freizumachen. Diese Pflicht ergab sich sowohl aus den Regeln des Waschstraßenbetreibers, als auch aufgrund der Gefährlichkeit des Stehenbleibens.
Demgegenüber war dem Autofahrer K ein ganz erhebliches Mitverschulden an der Fahrzeugbeschädigung anzurechnen. Er hatte dadurch, dass er das Fahrzeug während des Waschvorgangs abbremste, diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die ein verständiger Autofahrer zur Vermeidung des Schadens anzuwenden pflegt. Ihm hätte klar sein müssen, dass ein Abbremsen des Pkw unterbleiben müsse. Dies sei nicht nur allseits bekannt, sondern wurde auch durch entsprechende Warnhinweise vor der Waschanlage ausdrücklich und eindeutig jedem Benutzer zur Kenntnis gebracht.
Allgemein bekannt sei darüber hinaus, dass ein Abbremsen des automatisch in der Waschstraße transportierten Fahrzeugs dazu führen könne, dass die Vorwärtsbewegung auf dem Transportband verzögert, möglicherweise sogar gestoppt werde; hierdurch könne es zu Beschädigungen des Pkw durch die sich weiterbewegende Reinigungsanlage, oder auch zu Kollisionen mit nachfolgenden Fahrzeugen kommen. Genau solch ein Abbremsen hatte im vorliegenden Fall auch zur Beschädigung des Pkw des K durch Teile der Waschanlage geführt.
Bei Abwägung der Mitverschuldensanteile kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass den ersten Autofahrer B eine Verschuldensquote von 30 % treffe; der Autofahrer K musste daher 70 % des Sachschadens an seinem Fahrzeug selbst tragen.
Anmerkung:
Leider hatte das Oberlandesgericht Zweibrücken in seiner Entscheidung an keiner Stelle angedeutet, wie sich denn der Autofahrer K hätte verhalten müssen, um weitgehend seinen Schaden ersetzt zu bekommen. Ihm wurde in hohem Maße vorgehalten, den automatisierten Schleppvorgang durch das Abbremsen beendet zu haben. Dies kann im Umkehrschluss eigentlich nur bedeuten, dass er sich hätte »sehenden Auges« auf das möglicherweise noch immer am Ausgang der Waschstraße stehende Fahrzeug des Autofahrers B hätte schleppen lassen sollen. Dies kann ja wohl auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein!
1 Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 27. 01. 2021 – 1 U 63/19
Besprochen in RdW 2021, Heft 9, Randnummer 168.