Rechtliches

Voller Schadensersatz für mit Autotür kollidierten Fahrradfahrer

© Marc Brown – stock.adobe.com

In einem Fall, in dem ein Rennradfahrer mit einer Autotür kollidierte, hatte das Landgericht Köln über den Schadensersatz zu entscheiden.[1]

Besagter Rennradfahrer fuhr an einem parkenden Auto vorbei. Eben in diesem Moment öffnete der Fahrer des Wagens die Autotür, sodass der Fahrradfahrer mit der Autotür kollidierte. Bei dem darauf folgenden Sturz verletzte sich der Fahrradfahrer an der Schulter und erlitt multiple Prellungen an Schädel, Knien und Ellenbogen sowie einen Rippenbruch. Vor Gericht klagte der Fahrradfahrer auf Schadensersatz.

Der Kläger, von Beruf Unfallchirurg, stützte sich bei seiner Klage auf das Argument, dass er seit dem Unfall keine langwierigen, kraftaufwendigen Operationen mehr durchführen könne. Zudem bekräftigte er seine Aussage damit, dass er als Triathlet sein Schwimmtraining nicht mehr durchführen könne. Außerdem habe auch sein Rennrad einen schweren Schaden davongetragen.

Der beklagte Autofahrer und dessen Versicherung beabsichtigten nicht, für mehr als 75% des entstandenen Schadens aufzukommen, da nach deren Meinung den Radfahrer ein Mitverschulden treffe. Der Radfahrer wäre nicht mit dem entsprechenden Abstand zu dem geparkten Pkw vorbei gefahren.

Das LG sah das anders. Dem Fahrradfahrer könne kein Vorwurf gemacht werden, nicht genügend Abstand zur sich öffnenden Autotür eingehalten zu haben. Wie groß der Abstand im konkreten Fall zu sein hat, sei eine Frage des Einzelfalles, so das LG. Hierbei komme es auf Verkehrslage, Geschwindigkeit und bauliche Situation sowie Art der beteiligten Fahrzeuge an.

Der Seitenabstand soll in der Regel so bemessen sein, dass ein geringfügiges Öffnen einer Fahrertür noch möglich sei. 50 Zentimeter könnten – wie in diesem Fall – schon genügen, stellte das Gericht fest. Das LG betonte zudem, dass ein Fahrradfahrer keinen solchen Abstand zum Fahrzeug einhalten müsse, dass er selbst bei vollständig geöffneter Tür nicht kollidieren würde.

Mit der groben Unachtsamkeit des beklagten Autofahrers habe der Kläger schlicht nicht rechnen müssen.

Nach ständiger Rechtsprechung spreche der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Autofahrer den Unfall verschuldet habe, weil die Kollision im unmittelbaren zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Öffnen der Fahrertür erfolgt sei, erklärte das Gericht. Gemäß § 14 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung (StVO) hätte sich der beklagte Autofahrer dabei so verhalten müssen, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Hierbei sei kein Mitverschulden des Klägers anzunehmen.

Entnommen aus RdW-Kurzreport, 5/2023, Rn. 87.

[1] LG Köln, Urteil vom 02.08.2022 – 5 O 372/20.