Rechtliches

Verursachung unnötigen Lärms durch Fahrzeugbenutzung

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Das Amtsgericht Frankfurt am Main sprach gegenüber einem Motorradfahrer eine Geldbuße aus, da es die Tatsache als erwiesen ansah, dass dieser sich trotz der einwandfreien, zugelassenen Abgasanalage durch sein individuelles, rücksichtsloses Fahrverhalten der Verursachung unnötigen Lärms nach § 30 Abs. 1 StVO schuldig gemacht hat.

Sachverhalt

Der Betroffene befuhr am 15.04.2022 um 18:44 Uhr in Frankfurt am Main innerstädtisch die Friedberger Anlage in Höhe der Einmündung der Berger-Straße als Führer des Kraftrades Harley-Davidson.

Hierbei waren, ohne dass dies durch die Verkehrssituation und/oder fahrzeugtechnisch geboten wäre, die manuell steuerbaren Klappen der in dem Fahrzeug verbauten Abgasklappensteuerungsanlage geöffnet, wodurch es zu mehrfachen lauten Auspuffgeräuschen von ca. zehn Sekunden Dauer kam. Gegen den Betroffenen erging ein Bußgeldbescheid, mit dem wegen Verursachung unnötigen Lärms bei der Benutzung eines Fahrzeugs eine Geldbuße von 100 € festgesetzt wurde.

Der Betroffene, der sich vor allem in rechtlicher Hinsicht gegen den Bußgeldbescheid wendet, ließ sich dahingehend ein, dass in seinem Motorrad eine Auspuff-Anlage des Herstellers Dr. Jekill & Mr. Hyde verbaut sei, die derart funktioniert, dass diese eine automatische geschwindigkeitsabhängige Öffnungsregelung der Abgasklappen umfasst. Darüber hinaus bestehe auch die Möglichkeit der manuellen Regelung. Die Anlage sei gemäß der Zulassung verbaut und eingetragen worden.

Der vom Gericht als Zeuge vernommene Polizeibeamte führte aus, dass man am Anhalteposten auf das Fahrzeug aufmerksam geworden sei, da bereits weit vor dem Kurvenbereich der Friedberger Anlage ein übermäßiges Geräusch von ca. zehn Sekunden Dauer zu hören war.

Erhebliche Geräuschüberschreitung

Hierbei habe der Zeuge, der seit über drei Jahren Mitglied der Spezialeinheit und aufgrund seiner dortigen Tätigkeit speziell zur technischen sowie akustischen Erkennung von manipulierten Abgas- und Auspuffanlagen befähigt und erfahren ist, zwei Motorräder mit offener Abgasklappensteuerung differenziert wahrnehmen können.

Es handelte sich dabei um eine erhebliche und für das menschliche Ohr deutlich wahrnehmbare Geräuschüberschreitung. So sei aufgrund von sachverständigen Erkenntnissen davon auszugehen, dass bereits eine Geräuschüberschreitung von rund 10 dB in der akustischen Wahrnehmung einer Verdopplung des Schalldrucks respektive der empfundenen Lautstärke gleichkommt.

Aufgrund der tatsächlichen Geräuschentwicklung sei indes unzweifelhaft davon auszugehen, dass die Klappensteuerung zum Tatzeitpunkt aufgrund manueller Bedienung in den offenen Modus reguliert worden sei. Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass sich der Betroffene der Verursachung unnötigen Lärms schuldig gemacht hat.

StVO – §§ 30 Abs. 1, 49

StVG – § 24

BKatV – 117

Die Verursachung übermäßigen Lärms durch ein fahrendes Motorrad kann auch dann eine Ordnungswidrigkeit darstellen, wenn der Lärm durch eine technisch einwandfreie und zugelassene Abgasanlage emittiert wird.

Amtsgericht Frankfurt am Main, Urt. v. 24.06.2022 – 971 OWi 241 Js 26773/22

Aus den Gründen

Der Betroffene hat sich demnach der Verursachung unnötigen Lärms im Sinne von § 30 Abs. 1 StVO schuldig gemacht, indem er seine Harley-Davidson im innerstädtischen Bereich Frankfurts mit offenen Abgasklappen, wie geschehen, steuerte und damit unnötigen Lärm verursachte.

Unnötig ist der Lärm dann, wenn er über die sachgemäße Benutzung des Fahrzeugs hinausgeht und/oder wenn die technischen Ausrüstungsvorschriften sowie die Verhaltensvorschriften nicht beachtet werden, mithin das nach dem jeweiligen Stand der Technik unvermeidbare Maß übersteigt. Hierbei bedarf es keiner exakten Geräuschmessung, sodass die Feststellung auch auf Grundlage einer, wie hier, erfolgten Zeugenaussage getroffen werden kann.

So liegt es hier: Die durch die offenen Abgasklappen verursachte Geräuschentwicklung ist in der Gesamtbeurteilung unter Berücksichtigung der jeweiligen Tatumstände – namentlich des konkreten Tatortes, an dem der Lärm entsteht (hier: was gerichtskundig ist, innerstädtisches Wohngebiet), des konkreten Zeitpunktes seiner Verursachung (anbrechende Abendzeit an einem Karfreitag) sowie der Zeitdauer des Geräusches über ca. zehn Sekunden Dauer einschließlich seiner Intensität (hier: Verdopplung der wahrgenommenen Geräuschimmission) – als unnötiger Lärm zu bewerten.

Verhaltenspflichten des Fahrers im Fokus

Für ein technisches Erfordernis des Fahrens mit geöffneten Abgasklappen ist im konkreten Fall weder etwas ersichtlich noch von dem Betroffenen konkret vorgetragen worden. Soweit der Betroffene sich allein in rechtlicher Hinsicht damit verteidigt, das betreffende Verhalten könne deshalb nicht bußgeldbewährt sein, weil die betreffende Klappenabgasanlage in casu zugelassen und eingetragen gewesen sei, ist dieser Einwand unbehelflich.

Anders als bei dem bußgeldbewährten Tatbestand der Inbetriebnahme eines Fahrzeugs beim Erlöschen der Betriebserlaubnis, der (auch) der abstrakten (technischen) Gefahr, die von technisch manipulierten Fahrzeugen ausgeht, entgegenwirken soll, mithin der Zustand des Fahrzeugs im Vordergrund der Ahndung steht, hat § 30 Abs. 1 StVO die Verhaltenspflichten des Betroffenen bei der Nutzung eines Fahrzeugs im Fokus.

So ist etwa in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Hochjagen des Motors im Leerlauf und beim Fahren in niedrigen Gängen, das Halten mit laufendem Motor über eine längere Zeit, das unnötig schnelle Beschleunigen des Fahrzeugs beim Anfahren, sehr starkes Beschleunigen mit durchdrehenden Reifen und plötzliches Abbremsen mit einhergehendem Reifenquietschen und hohe lärmverursachende Kurvengeschwindigkeiten – dies alles ungeachtet der Zulassung der betreffenden Fahrzeuge – unnötigen Lärm darstellen können.

Geldbuße tat- und schuldangemessen

Geahndet werden soll hierbei ein rücksichtsloses Verhalten des Betroffenen, sofern es – wie hier – zu zusätzlichen Lärmemissionen führt. Entsprechend enthält § 30 Abs. 1 Satz 2 StVO als exemplarisches Beispiel etwa das übermäßig laute Schließen von Fahrzeugtüren.

Eine darüberhinausgehende konkrete Belästigung von Personen setzt § 30 Abs. 1 StVO als abstraktes Gefährdungsdelikt nicht voraus. Gegen den Betroffenen war daher die Geldbuße in Höhe von 100 € festzusetzen, die das Gericht für tat- und schuldangemessen hält. Die Regelgeldbuße von 80 € war aufgrund der Voreintragung insoweit geringfügig zu erhöhen.

Entnommen aus dem Neuen Polizeiarchiv 1/2024, Lz. 922.