Rechtliches

Aufteilung der Aufgabenbereiche unter waffenrechtlich Mitberechtigten entbindet nicht von Sorgfaltspflichten

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Einem von drei geschäftsführenden Gesellschaftern eines Bewachungsunternehmens werden seine waffenrechtlichen Genehmigungen wegen Unzuverlässigkeit gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a Waffengesetz (WaffG) entzogen. Die Übertragung des Zuständigkeitsbereichs „Waffen und Munition“ auf einen Mitgeschäftsführer befreit ihn dabei nicht von seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten.

Gegenüber einem von drei geschäftsführenden Gesellschaftern eines Bewachungsunternehmens, welches auch bewaffnete Dienste anbietet, wurde seitens der Waffenbehörde der Widerruf seiner waffenrechtlichen Genehmigungen ausgesprochen. Das von ihm angerufene Verwaltungsgericht (VG) hatte den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Waffenbesitzer sei gem. § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. a Waffengesetz (WaffG) als unzuverlässig anzusehen. Aufgrund der unkontrollierten Ausgabe von Waffen bei dem Bewachungsunternehmen, für die auch der Waffenbesitzer Verantwortung trage und die dazu geführt habe, dass nunmehr zwei Pistolen fehlten, sei die Annahme der Waffenbehörde gerechtfertigt, dass er Waffen oder Munition leichtfertig verwenden werde.

Ein leichtfertiges Verhalten des Waffenbesitzers zeige sich darin, dass dieser seine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die Waffen kontrolliert und entsprechend den allgemeinen Regeln der Verwahrung, Weitergabe und Entgegennahme zu nutzen, in erheblichem Maße verletzt habe.

Denn er habe den unkontrollierten Zugriff von Mitarbeitern seines Unternehmens auf diese Waffen ermöglicht und dadurch die Voraussetzung geschaffen, dass nicht berechtigte Dritte die Waffen erhielten. Eine solche unternehmensinterne Verhaltensweise bringe zum Ausdruck, dass der Waffenbesitzer sich der großen Bedeutung seiner Berechtigung als Waffenträger und der damit verbundenen Pflichten in keiner Weise bewusst gewesen sei.

Unstrukturiertes Vorgehen bei Aus- und Rückgabe der Waffen im Unternehmen

Dass Mitarbeiter des von ihm als Geschäftsführer geleiteten Unternehmens ohne Aufsicht und Kontrolle Zugriff auf die Waffen gehabt hätten, weder die Art der Waffe noch der Name des Mitarbeiters dokumentiert worden seien und damit ein recht chaotisches, unstrukturiertes Vorgehen bei Aus- und Rückgabe der Waffen geherrscht habe, lasse sein Verhalten in höchstem Maße als unverantwortlich und sorgfaltswidrig erscheinen.

Die Übertragung des Zuständigkeitsbereichs „Waffen und Munition“ auf einen Mitgeschäftsführer befreie ihn nicht von seinen öffentlich-rechtlichen Pflichten. Es könne nicht festgestellt werden, dass er den dann jedenfalls bestehenden Überwachungs- und Kontrollpflichten hinreichend nachgekommen sei. Dessen ohne Substanz gebliebener Vortrag, wonach unangekündigte Kontrollen erfolgt seien und er sich habe berichten lassen, welche Sicherheitsvorschriften eingehalten worden seien, überzeuge nicht.

Weder sei nachvollziehbar, wann, wie oft und von wem kontrolliert worden sei, noch sei im Ansatz schlüssig erläutert, wie die Sicherheitsvorkehrungen besprochen, geplant und hinterfragt worden seien. Die fehlende Dokumentation der Aus- und Rückgabe, die fehlende Kameraüberwachung und die wohl recht selten erfolgte Änderung der Tresorcodes gäben indiziell den Eindruck einer nachlässigen, verantwortungslosen unternehmensinternen Organisation, was den Waffenumgang anbelange.

Nicht durchdringen könne der Waffenbesitzer zudem mit seiner sinngemäßen Argumentation, die Dokumentationspflichten könnten zur Begründung eines leichtfertigen Verhaltens im Umgang mit Waffen nicht herangezogen werden. Dies treffe rechtlich nicht zu. Zwar handele es sich bei den Dokumentationspflichten um Buchführungspflichten, um nachvollziehen zu können, wer welche Waffe zu welchem Zeitpunkt getragen habe.

Die präventive und damit gefahrvermeidende Wirkung von Dokumentationspflichten

Gleichwohl bewirke eine solche Dokumentation, dass der einzelne waffentragende Mitarbeiter bei Verlust einer Waffe fürchten müsse, zur Rechenschaft gezogen zu werden, was mit einer präventiven und damit gefahrvermeidenden Wirkung verbunden sei. Dies zu erkennen wäre Aufgabe des Waffenscheininhabers und damit des gegenüber der Behörde und der Allgemeinheit die Verantwortung tragenden Waffenbesitzers gewesen.

Bei dieser Sachlage sei auch die Prognose eines in Zukunft zu erwartenden waffenrechtswidrigen Verhaltens gerechtfertigt. Die fortgesetzten, evidenten Verstöße gegen waffenrechtliche Verhaltenspflichten zeigten ein in höchstem Maße unprofessionelles, verantwortungsloses Vorgehen innerhalb des Unternehmens, das die schwelende Gefahr für Leib und Leben von Personen durch die drohende Verwendung der nunmehr fehlenden Waffen durch Nichtberechtigte geschaffen habe.

Dies begründe nachhaltige Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit und gebe Anlass zur Sorge, dass er Waffen oder Munition auch in Zukunft leichtfertig verwenden werde. Dabei sei auch als „Nachtatverhalten“ zu beachten, dass der Waffenbesitzer bis zuletzt kein Bewusstsein dafür zeige, einen Fehler begangen zu haben, sondern vielmehr eine alleinige Verantwortung bei seinem Mitgeschäftsführer sehe.

Auch habe er die Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b Var. 2WaffG missachtet, indem er Waffen oder Munition nicht sorgfältig verwahrt habe. Mit der unkontrollierten Aus- und Rückgabe der Waffen sei gegen § 20 Abs. 1 Bewachungsverordnung (BewachV) verstoßen worden. Auch § 21 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 BewachV, wonach der Gewerbetreibende das Überlassen von Schusswaffen und Munition nach § 28 Abs. 3 WaffG sowie die Rückgabe der Waffen nach § 20 Abs. 1 Satz 2 BewachV aufzeichnen müsse, sei hier nicht beachtet worden.

(…)

Konkretisierung des sachgemäßen Umgangs mit Waffen im Bewachungsgewerbe auch durch § 20 BewachV

Im Bewachungsgewerbe werden die Anforderungen an den sachgemäßen Umgang mit Waffen (auch) durch § 20 BewachV konkretisiert. Der Bundesgesetzgeber hat hierauf im Gesetzentwurf des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts ausdrücklich hingewiesen:

„Ergänzend zu der beabsichtigten Änderung von § 34 a der Gewerbeordnung (GewO) und der Bewachungsverordnung (BewachV) soll § 28 WaffG die Voraussetzungen für den Umgang von Bewachungspersonal mit Schusswaffen präzisieren. Über die generelle Pflicht zur sicheren Aufbewahrung von Schusswaffen oder Munition, die der Bewachungsunternehmer nach § 36 wie jeder Erlaubnisinhaber hat, hinaus ist er nach § 13 Abs. 1 Satz 1 BewachV (nunmehr § 20 Abs. 1 Satz 1 BewachV) als Gewerbetreibender besonders in die Pflicht genommen und hat auch dafür zu sorgen, dass die Übergabe der Schusswaffen oder Munition nach Beendigung des Wachdienstes erfolgt (§ 13 Abs. 1 Satz 3 – künftig Satz 2 –BewachV, nunmehr § 20 Abs. 1 Satz 2 BewachV). Einer gesonderten Regelung im Waffengesetz bedarf es insoweit nicht.“

Damit enthält § 20 BewachV speziell auf den Betrieb des Bewachungsgewerbes zugeschnittene Vorgaben, welche die Sorgfaltspflichten des Gewerbetreibenden bzgl. der besonderen Situation des Zugangs von Wachpersonen zu Schusswaffen näher bestimmen. Nach § 20 Abs. 1 Satz 1 BewachV ist der Gewerbetreibende für die sichere Aufbewahrung der Waffen und der Munition verantwortlich.

Gem. § 20 Abs. 1 Satz 2 BewachV ist er zudem ausdrücklich verpflichtet, die ordnungsgemäße Rückgabe der Waffen und der Munition nach Beendigung des Wachdienstes sicherzustellen. Soweit es, wie hier, an einer dauerhaften Überlassung von Waffen an einzelne Mitarbeiter fehlt, bedarf es zudem der Dokumentation der einzelnen Waffenausgabe und Waffenrückgabe.

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 25.01.2023 – 6 S 1792/22 –.

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Fundstelle BW 12/2023, Rn. 148.